Die flache Erde: Selbstgebaute Raketen und andere Beweisführungen

Autor: Andre Wolf

Die flache Erde: selbstgebaute Raketen und andere Beweisführungen
Die flache Erde: selbstgebaute Raketen und andere Beweisführungen

Flache Erde: Die Erde ist gar nicht rund? Schauen wir uns das genauer an.

– „Die Erde ist flach, hat eine Glaskuppel als Himmel, und der Rand der Welt ist von einer Eiswand umgeben.“

– „Aber sie kann nicht flach sein, weil doch die Naziufos durch die hohle Erde nach Neuschwabenland fliegen”

– „Rund kann sie aber auch nicht sein, guck doch einfach mal nach draußen, was siehst du?”

– „Ich sehe da draußen die BRD-GmbH. Wir können es uns ja vom Mond aus anschauen.”

– „Vom Mond, dem alten Pappding aus dem Filmstudio?”

– „Nein, von der Rückseite des Mondes!”

So oder so, ein ähnliches fiktives Gespräch müssen die Macher von Wahre Welle TV im Kopf gehabt haben, als sie die Pseudo-Soap „Bielefeld Tag und Nacht” entworfen haben. Bei „Bielefeld Tag & Nacht“ handelt es sich um „die ehrlichste WG Deutschlands”, bei der es letztendlich tatsächlich um  Reichsbürger, Reptiloiden und Flacherdler und natürlich Liebe geht. Bei „Wahre Welle TV” handelt es sich übrigens um das aktuelle Aufklärungsprojekt der Bundeszentrale für Politische Bildung.

Man sollte ja eigentlich davon ausgehen, dass sich das Wissen der Menschheit steigert, seit durch das Internet jedem Menschen die Möglichkeit gegeben ist, Wissen aufzurufen und sich zu informieren. Erschreckenderweise passiert aber teilweise das Gegenteil: Es wird nahezu alles geglaubt, nur weil es im Internet steht, es wird fast gar nichts mehr hinterfragt und nur noch selten eigenständig nachgedacht. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die sogenannte „Flat Earth“-Verschwörungstheorie. Flache Erde? Das ist immer wieder ein Thema. Zur Beweisführung der flachen Erde werden immer wieder sehr interessante Behauptungen angeführt, ein paar davon wollen wir hier einmal präsentieren.

Behauptung: Die Menschen glaubten schon immer an eine flache Erde

Eine beliebte Behauptung, die Verschwörungstheoretiker gerne verwenden, im gleichen Atemzug damit, dass alle NASA-Bilder gefälscht seien. Vielleicht hätten diese mal im Geschichtsunterricht aufpassen müssen, denn bereits 600 v. Chr. vertrat der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras die Auffassung, dass die Erde ein runder Planet sei, der sich mit den anderen Planeten um die zentrale Sonne dreht, was heutzutage als das Kopernikus-Modell bekannt ist.

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Die gefälschten Bilder aus dem All

Um die Darstellung des Globus als falsch darstellen zu können, gibt es die Behauptung, dass alle Bilder aus dem Weltraum gefälscht sind. So einfach kann man es sich machen. „Es gibt keine Beweise, dass die Erde rund ist!“, wird dabei gerne betont und alle Bilder sind gefälscht. Warum so eine gigantische Fälschung überhaupt existieren sollte, kann einem indes niemand sagen. Es dürfte wohl daran liegen, dass man selbst noch nicht die Erfahrung gemacht hat und aus dem All die Rundung der Erde betrachten konnte.

Diese fehlende Selbsterfahrung versuchte übrigens der US-Amerikaner Mike Hughes mittels einer selbstgebauten Rakete zu kompensieren und gleichzeitig damit zu beweisen, dass die Erde flach sei. Er schaffte es tatsächlich, damit gut 500 m hoch zu fliegen. Da kann man natürlich noch nicht wirklich was beweisen oder entkräften, allein dass er sich dabei nicht selbst umgebracht hat, dürfte ein Wunder sein. Der 61-Jährige will jedoch nicht aufgeben und den Beweis der flachen Erde nochmals antreten.

Millionen von Bildern der ISS, NASA, ESA, CNSA, Roscosmos und allen anderen Weltraumagenturen seien aber trotzdem allesamt gefälscht. Also sind auch die Bilder eines japanischen Satelliten, der alle 10 Minuten eine Aufnahme der Erde macht, gefälscht und computergeneriert? Das würde ja ebenso beinhalten, dass seit 1946, als das erste Foto der Erde aus dem Weltraum gemacht wurde, alle Weltraumagenturen unter einer Decke stecken würden, nur um der Menschheit eine gigantische Lüge aufzutischen?

Aber schau doch einfach mal raus!

Das ist eines der größten Argumente für die flache Erde im Feld des Beweiskrieges. Man kann mit bloßem Auge keine Erdkrümmung erkennen, was doch mehr als deutlich zeige, dass die Erde flach sei.

Bildquelle: Blogrebellen
Bildquelle: Blogrebellen

Die wenigsten Menschen haben die Chance, die Erdkrümmung „live“ zu sehen, wie z.B. Astronauten es tun. Somit kennen viele nur Satellitenfotos, und die könnten ja alle gefälscht sein. Erst kürzlich machte der Sänger Xavier Naidoo auf sich aufmerksam, indem er „bewies“, dass die Erde flach sei: Er hielt sich ein Lineal vor die Nase, wie die Blogrebellen berichteten.

Doch das hinkt, denn bei unserem Planeten haben wir es nicht mit einem kleinen Ball zu tun, bei dem man sofort erahnen könne, dass er rund ist. Die Erde  groß. Sehr groß für menschliche Verhältnisse. Mit einem durchschnittlichen Radius von 6371 Kilometern der Erde können wir als kleiner, im Regelfall nicht ganz 2 Meter großer Mensch die Rundung gar nicht wahrnehmen.

Setzen wir es um: Wäre ich ein kleines Atom mit Bewusstsein und stünde auf einem Fußball, so könnte ich mit dieser Linealmethode auch behaupten, dass der Fußball in Wirklichkeit flach ist. Man muss also einen gewissen Abstand vom Erdboden haben, um die Krümmung mit bloßem Auge erkennen zu können, dies kann man aber, da man den Durchmesser der Erde kennt, mathematisch berechnen.

Ohne jetzt groß mit mathematischen Formeln aufzulaufen, so kann man, rein mathematisch, die Erdkrümmung bereits bei einer Höhe von ca. 10.600 Metern Höhe ausmachen, also Flugzeughöhe. Dazu bräuchte man allerdings auch einen absolut wolkenfreien Himmel, keine Gebirge im Sichtfeld und einen Blickwinkel von 60 Grad, sowie ein sehr scharfes Auge. Sehr viel deutlicher erkennt man die Krümmung (und somit auch die Kugelform), je weiter man von der Erde entfernt ist. Millionen TV-Zuschauer konnten dies z.B. 2012 sehen, als Felix Baumgartner aus 39 Kilometer Höhe aus einem Heliumballon sprang.

Von wegen… Sonne und Mond sind viel kleiner und näher, als man denkt!

Und Hitze würde die Sonne auch nicht ausstrahlen. Ach herrlich, es gibt da einen ganzen Pool an Behauptungen über Sonne und Mond, die über uns kreisen und ziemlich nah an uns dran sind. Klingt alles sehr nach Trueman-Show, aber solche Modelle gibt es wirklich und es gibt dazu auch Erklärungen.

Eine Erklärung ist die schöne Abbildung der Flat Earth Society, in der die Sonnenphasen dargestellt werden. Diese führt an, dass die Sonne in Wirklichkeit nur 4.800 Kilometer entfernt sei und nur einen Durchmesser von 51 Kilometern habe. Sie bewegt sich kreisrund über die Flacherde und beleuchtet damit immer nur einen bestimmten Teil, so wären die Tag- und Nachtphasen zu erklären. In der Mitte erkennt man wieder die Arktis, außen die große Antarktis-Mauer.

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So. Und wenn man jetzt nicht weiter denkt, klingt das ja fast logisch. Wenn es da nicht einige Logikprobleme gäbe. Denn selbst wenn die Welt so aussehen würde, müsste man die Sonne auch in der Nacht sehen können, wenn auch so weit entfernt, dass sie den eigenen Teil der Erde nicht mehr ausreichend beleuchtet. Man dürfte sie also nicht am Horizont untergehen sehen, sondern man müsste sehen, wie sie sich weiter entfernt.

Jahreszeiten erklärt sich vielleicht damit, dass die Sonne mal näher, mal weiter entfernt von der Erdscheibe ist. Okay. Die Mitternachtssonne am Nordpol erklärt sich vielleicht auch noch damit, dass die Sonne näher an die Arktis in der Mitte rückt. Auch okay. Aber was ist mit der Mitternachtssonne in der Antarktis? Wie schafft es die Sonne dann, die komplette Eiswand Tag und Nacht zu beleuchten, über Monate hinweg? Oder gehört die Mitternachtssonne in der Antarktis auch zu der großen Verschwörung, in der sämtliche Antarktis-Forscher und Touristen mit drinstecken?

Das Problem dieser Theorie ist schlichtweg, dass sie nicht vollumfänglich alle Fragen klären kann und bei offenen Fragen sich sogar selbst als Unsinn entlarvt.

Trollerei

Natürlich gibt es auch Trollereien unter den vermeintlichen Beweisen für eine flache Erde. Man muss da schon genau hinschauen. Neben den teils feiner ausgearbeiteten Beweisführungen stehen immer wieder plumpe Fakes, die teilweise auch genutzt werden, um Anhänger der Flacherde-Theorie zu ärgern. So wie das „Beweisfoto” mit der großen Eismauer, die uns vor dem „Herunterfallen” bewahrt und das Ende der Welt darstellen soll:

Um die Flacherde herum ist eine große Eiswand, die Antarktis

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Das obige Foto aus dem Forum der Flat Earth Society ist aber (hoffentlich) sarkastisch gemeint, denn Serienkenner wissen, dass das eine Szene aus der Serie „Game of Thrones“ ist. Die Arktis, so die Theorie, liegt in der Mitte der Flacherde, die unwirtliche Antarktis hingegen sei eine große Eismauer, die von NASA-Mitarbeitern bewacht wird, damit niemand versucht, über den Rand der Welt zu klettern.

Selbst wenn das jemand ernst nehmen sollte, so würde dabei vollkommen außer Acht gelassen, dass es bereits zahlreiche private Expeditionen in die Antarktis gab und Reiseunternehmen sogar Urlaub in der Antarktis anbieten. Die gehören aber wahrscheinlich auch alle der „großen Verschwörung“ an….

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