WhatsApp: Krankschreibung per Messenger könnte verboten werden

Ein Moment Ihrer Zeit für die Wahrheit.

In einer Welt voller Fehlinformationen und Fake News ist es unser Auftrag bei Mimikama.org, Ihnen zuverlässige und geprüfte Informationen zu liefern. Tag für Tag arbeiten wir daran, die Flut an Desinformation einzudämmen und Aufklärung zu betreiben. Doch dieser Einsatz für die Wahrheit benötigt nicht nur Hingabe, sondern auch Ressourcen. Heute wenden wir uns an Sie: Wenn Sie die Arbeit schätzen, die wir leisten, und glauben, dass eine gut informierte Gesellschaft für die Demokratie essentiell ist, bitten wir Sie, über eine kleine Unterstützung nachzudenken. Schon mit wenigen Euro können Sie einen Unterschied machen.

Stellen Sie sich vor, jeder, der diese Zeilen liest, würde sich mit einem kleinen Beitrag beteiligen – gemeinsam könnten wir unsere Unabhängigkeit sichern und weiterhin gegen Fehlinformationen ankämpfen.

So kannst Du unterstützen:

PayPal: Für schnelle und einfache Online-Zahlungen.
Steady oder Patreon: für regelmäßige Unterstützung.

Autor: Claudia Spiess

WhatsApp: Krankschreibung per Messenger könnte verboten werden
WhatsApp: Krankschreibung per Messenger könnte verboten werden

Ein Hamburger Start-up bietet seit einem Jahr an, eine Krankschreibung via Messenger-Dienst WhatsApp vorzunehmen. Die Abwicklung wird von „Dr. Ansay AU-Schein GmbH“ betrieben.

Hier wird eine Krankschreibung für den jeweiligen Arbeitgeber online vom Nutzer erstellt, und per WhatsApp bestätigt. Die Nutzer füllen online einen Fragebogen mit ihren Symptomen aus. Die Krankschreibung wird nach einer Bezahlung von 14 Euro als PDF-Datei mit dem AU-Schein (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) über WhatsApp versendet.

Nur für „leichte“ Symptome wie z.B. Erkältung, Blasenentzündung, Magen-Darm-Grippe kann diese Art der Krankschreibung verwendet werden. Der Vorteil für die Nutzer läge darin, dass sie sich im Krankheitsfall nicht in eine Arztpraxis schleppen müssten.

Musterprozess wird angestrengt

Bald schon könnte dieses Modell der Vergangenheit angehören. Die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbes möchte gegen das Hamburger Start-up einen Prozess anstrengen. Eine Klage soll bereits eingereicht worden sein, wie von heise online berichtet wurde.

[mk_ad]

Gründe dafür sind, dass nach Ansicht der Wettbewerbszentrale das Start-Up gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoßen würde. Die bestellten AU-Scheine seien arbeitsrechtlich nach Meinung etlicher Juristen nicht gültig, somit sei die Werbung auf der Website nicht weniger als irreführend.
Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale äußert sich dazu: „Für Arbeitgeber wäre es wichtig zu wissen, ob eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den erforderlichen Beweiswert hat.“

Bedenken seitens Ärztekammern wegen Datenschutz

Auch die Ärztekammern von Hamburg und Schleswig-Holstein haben bereits Anfang des Jahres Bedenken wegen des Datenschutzes bei au-schein.de geäußert: „Eine verantwortungsvolle und behutsame Überführung des vertraulichen Arzt-Patient-Verhältnisses in das digitale Zeitalter sieht nach Auffassung der Ärzteschaft anders aus.“ Zusätzlich wurden Nutzer gewarnt, dass die Krankschreibungen via WhatsApp vom Arbeitgeber nicht akzeptiert werden könnten.
Der Betreiber von au-schein.de Dr. jur. Can Ansay versteht diese Bedenken nicht: „Wir stellen rechtsgültige Bescheinigungen aus, mit Originalunterschrift eines Arztes“, sagte er gegenüber Spiegel Online. Diese Bescheinigungen würden sich nicht von denen unterscheiden, die Nutzer von ihrem eigentlichen Arzt bekämen. Der Vorteil für die Nutzer läge darin, dass sie sich im Krankheitsfall nicht in eine Arztpraxis schleppen müssten.

Bereits über 20.000 Krankschreibungen ausgestellt

Der Dienst startete Ende 2018. Seither sollen bereits über 20.000 Krankmeldungen darüber ausgestellt worden sein, verkündet das Start-up auf seiner Website.

Das sagt die Wettbewerbszentrale in einer Pressemitteilung vom 18.11.2019

Krankschreibung online „bestellen“? – Wettbewerbszentrale leitet Musterprozess gegen Anbieter von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein

„Krankschreibung ohne Arztbesuch“, so wirbt ein Softwareunternehmen aus Norddeutschland, für sein Geschäftsmodell. Tatsächlich kann der Kunde auf der Homepage des Unternehmens dort vorgegebene und auswählbare Symptome anklicken, einige Fragen zu seinem Gesundheitszustand beantworten und nach eigenem Ermessen die Dauer der Krankschreibung bestimmen („Für wie viele Tage fühlen Sie sich arbeitsunfähig? Arzt folgt Ihrem Wunsch…“). Sodann kann der Nutzer seine Kontaktdaten und die gewünschte Zahlungsmodalität angeben.
Nach Zahlung erhält der Kunde die Krankschreibung, die von einem Privatarzt ausgestellt ist, digital oder per Post. Bei Testbestellungen kam es dabei zu keinem Kontakt des Kunden mit dem betreffenden Arzt. Bisher ist das Modell beschränkt auf „Erkältungen“, „Regelschmerzen“, „Rückenschmerzen“ sowie neuerdings „Stress“. Auf der Startseite wird zudem geworben mit „100% gültiger AU-Schein“.

Werbung für Fernbehandlung

Die Wettbewerbszentrale sieht in der Werbung für diese Dienstleistung einen Verstoß gegen § 9 Heilmittelwerbegesetz. Die Vorschrift verbietet Werbung für Fernbehandlungen.
Außerdem ist die Aussage „100% gültiger AU-Schein“ nach Auffassung der Wettbewerbszentrale irreführend. Mit dieser Aussage wird aus ihrer Sicht der Eindruck erweckt, dass die so beworbene Krankschreibung sämtliche rechtlichen Anforderungen an eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfüllt. Die von dem Unternehmen ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mögen zwar formal die Voraussetzungen zur Vorlage beim Arbeitgeber erfüllen. Dass sie aber auch materiell die erforderliche Beweiskraft besitzen, d.h. auch arbeits- und berufsrechtlichen Anforderungen genügen, wird von etlichen Juristen bezweifelt. Tatsächlich ist bis dato keine höchstrichterliche arbeitsgerichtliche Entscheidung ersichtlich, die eine derartige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Ergebnis als „100% gültig“ anerkannt hätte.
Da das Unternehmen auf die Beanstandung der Wettbewerbszentrale hin keine Unterlassungserklärung abgegeben hat, hat die Selbstkontrollinstitution Anfang Oktober Klage beim LG Hamburg (Az. 406 HKO 165/19) einreichen lassen.
„Die Wettbewerbszentrale lässt in diesem Grundsatzverfahren unter anderem die Werbe-Behauptung „100% gültiger AU-Schein“ gerichtlich überprüfen. Für Arbeitgeber wäre es wichtig zu wissen, ob eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den erforderlichen Beweiswert hat“, meint Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale. Gleiches gelte für Arbeitnehmer, die sich auf eine solche Bescheinigung verließen.

LG München untersagt bereits ottonova-Werbung wegen Fernbehandlung

Das Landgericht München hat in einer Entscheidung vom Juli 2019 dem Versicherer ottonova untersagt, für ärztliche Fernbehandlungen in Form eines digitalen Arztbesuches zu werben, wenn den Versicherten angeboten wird, mittels einer App von Schweizer Ärzten Diagnosen oder Therapieempfehlungen zu erhalten (LG München I, Urteil vom 16.07.2019, 33 O 4026/18, nicht rechtskräftig). Das Berufungsgericht wird sich vermutlich mit der geplanten Änderung des § 9 HWG auseinandersetzen müssen. Im Regierungsentwurf des Digitale Versorgung-Gesetzes soll das Fernbehandlungs-Werbeverbot dann nicht gelten, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist. Auch mit dieser Änderung bleibt nach Auffassung der Wettbewerbszentrale Werbung für die geschilderten Primärversorgungsmodelle unzulässig.
Unterstützen 🤍

FAKE NEWS BEKÄMPFEN

Unterstützen Sie Mimikama, um gemeinsam gegen Fake News vorzugehen und die Demokratie zu stärken. Helfen Sie mit, Fake News zu stoppen!

Mit Deiner Unterstützung via PayPal, Banküberweisung, Steady oder Patreon ermöglichst Du es uns, Falschmeldungen zu entlarven und klare Fakten zu präsentieren. Jeder Beitrag, groß oder klein, macht einen Unterschied. Vielen Dank für Deine Hilfe! ❤️

Mimikama-Webshop

Unser Ziel bei Mimikama ist einfach: Wir kämpfen mit Humor und Scharfsinn gegen Desinformation und Verschwörungstheorien.

Abonniere unseren WhatsApp-Kanal per Link- oder QR-Scan! Aktiviere die kleine 🔔 und erhalte eine aktuelle News-Übersicht sowie spannende Faktenchecks.

Link: Mimikamas WhatsApp-Kanal

Mimikama WhatsApp-Kanal

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.


2) Einzelne Beiträge (keine Faktenchecks) entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und
wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)


Mit deiner Hilfe unterstützt du eine der wichtigsten unabhängigen Informationsquellen zum Thema Fake News und Verbraucherschutz im deutschsprachigen Raum

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE

Kämpfe mit uns für ein echtes, faktenbasiertes Internet! Besorgt über Falschmeldungen? Unterstütze Mimikama und hilf uns, Qualität und Vertrauen im digitalen Raum zu fördern. Dein Beitrag, egal in welcher Höhe, hilft uns, weiterhin für eine wahrheitsgetreue Online-Welt zu arbeiten. Unterstütze jetzt und mach einen echten Unterschied! Werde auch Du ein jetzt ein Botschafter von Mimikama

Mehr von Mimikama

Mimikama Workshops & Vorträge: Stark gegen Fake News!

Mit unseren Workshops erleben Sie ein Feuerwerk an Impulsen mit echtem Mehrwert in Medienkompetenz, lernen Fake News und deren Manipulation zu erkennen, schützen sich vor Falschmeldungen und deren Auswirkungen und fördern dabei einen informierten, kritischen und transparenten Umgang mit Informationen.