Vorschussbetrug: „Ich bin krank und möchte dir mein Geld spenden“

Autor: Kathrin Helmreich

Vorschussbetrug: "Ich bin krank und möchte dir mein Geld spenden"
Vorschussbetrug: "Ich bin krank und möchte dir mein Geld spenden"

Wann immer dir jemand im Internet große Mengen Geld anbietet: Sei vorsichtig, denn so beginnt der Vorschussbetrug.

Er ist Soldat in Geldnot oder eine todkranke Frau, die bald sterben wird: Nutzern werden immer wieder die fantastischsten Geschichten aufgetischt, wenn es um Geld geht. So funktioniert der Vorschussbetrug!

Und zwar jenes Geld, das Betrüger seinem Opfer aus der Tasche ziehen will. Der sogenannte Vorschussbetrug ist nicht neu – jedoch leider nach wie vor ein sehr aktuelles Thema, wie diese Facebook Messenger-Nachricht zeigt:

Mein Name ist Martina Kerstin und wenn ich Ihnen schreibe, sollte ich Sie über ein Projekt informieren, das mir am Herzen liegt. Ich bin schwer krank und leide an Kehlkopfkrebs. Mein Arzt sagte mir, dass ich bald sterben würde. Deshalb habe ich beschlossen, mein auf 828.000 Euro geschätztes Vermögen zu spenden, weil ich mein Geld nicht auf der Bank lassen will. Ich bin auf der Suche nach jemandem, der an Gott glaubt und bereit ist, mein Geschenk anzunehmen und es gut zu nutzen. Kontaktieren Sie mich per E-Mail, wenn Sie interessiert sind

Vorschussbetrug, Romance Scam, Nigeria Connection – diese Begriffe stecken hinter dem Text der angeblich todkranken Frau.

Wie auch beim Romance Scam, ist die Story der Frau nur ein Vorwand, um Gefühle beim Leser auszulösen und diesen emotional zu verhaften. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass die Frau tatsächlich nur mehr wenige Wochen zu leben hat. Geht das Opfer dann auf das Geldangebot ein, entpuppt sich das Angebot als Forderung.

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Bald schon würden Gebühren fällig werden oder andere Verbindlichkeiten entstehen, die das Opfer vorab berappen soll. Bei solchen Nachrichten, wie oben gezeigt, handelt es sich zu 99,9% um diese Art Vorschussbetrug.

Diese Art Betrug gibt es schon sehr lange. Die Angebote werden via E-Mail oder über soziale Netzwerke verschickt.

Nigeria Connection

Verschickt werden solche Betrugsversuche unter anderem von der so genannten Nigeria Connection. Sie versucht, ihre Opfer um den Finger zu wickeln und sie – aufgrund der entstandenen emotionalen Nähe – um einen finanziellen Vorschuss zu bitten.

Die Nigeria Connection ist aber keine strukturierte Organisation. Es handelt sich hierbei um verschiedene Gruppen von afrikanischen Betrügern, die zum Teil in Europa und zum Teil in Nigeria leben.

Diese Internetbetrüger haben sich auf Kreditkartenbetrug, Dokumentenfälschung, Vorschussbetrug uvm. spezialisiert – und sind seit geraumer Zeit auch mit vielen Fake-Profilen auf Facebook unterwegs.

Sie kontaktieren ahnungslose Facebook-Nutzerinnen, gewinnen ihr Vertrauen und geben nach einiger Zeit vor, sich in einer finanziellen Notlage zu befinden.

Die Betrüger haben ein recht festgelegtes Beuteschema: Die Hauptzielgruppe ihrer Opfer ist:

  • weiblich
  • halbwegs intelligent (muss zumindest über gute Englischkenntnisse verfügen)
  • alleinstehend
  • mittleren Alters (sehr junge Frauen verfügen noch über keine finanziellen Ressourcen)

Auf dem Profilfoto des ausgesuchten Opfers muss ein klar erkennbares, lächelndes Gesicht zu sehen sein, denn die Betrüger beziehen sich in den ersten Kontaktversuchen darauf.

Das gilt natürlich auch für Männer.

Welche Merkmale haben solche Betrüger?

Eine ganz genaue Beschreibung ist leider nicht möglich, da diese Kriminellen äußerst kreativ vorgehen und sich natürlich auch den Gegebenheiten anpassen.

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Jedoch gibt es einige Grundkriterien, auf die man achten kann, um sich zu schützen: Die Betrüger sind angeblich:

  • etwa im Alter des Opfers
  • beruflich eher im mittleren Management tätig
  • geschieden, aber wesentlich öfter verwitwet. Ihre Kinder sind entweder ebenfalls verstorben oder müssen von dem Mann vorgeblich alleine versorgt werden.
  • Das Facebook-Profil ist nicht besonders informativ; es gibt keine sichtbaren Postings.
  • Die Betrüger geben sich auffallend empathisch.

So gehen die Kriminellen bei einem Vorschussbetrug vor:

  • Erstkontakt via Nachricht. Die gesamte Kommunikation erfolgt auf Englisch.
  • Profilbild: nicht unattraktiv, aber auch kein „Adonis“. Bei angeblichen Erbschaften sehr betagte, liebenswürdige Menschen
  • Berichtartiger Lebenslauf, z. B. „Meine Eltern starben bei einem Unfall, meine Frau bei der Geburt unseres Kindes.“
  • Ausfragen des anvisierten Opfers (= Suche nach Schwächen)
  • Liebesschwüre, die kein realer Mann nüchtern über die Lippen bringen würde.
  • Es tritt ein unvermitteltes Ereignis auf, z. B. „Piraten kommen“ (= skurrilste Version). Oft ist die Geschichte aber in sich schlüssig – als Begründung für eine daraus folgende Notlage.
  • Bitte um finanzielle Leihgabe (Betrag im vierstelligen Eurobereich) unter Einsatz von massivem, emotionalen Druck und unter Vorlage sog. „Beweise“ als Datei.
  • Nach Gelderhalt – Geld weg. Unbekannter Verehrer natürlich auch oder frühzeitig verstorben – und kein Anrecht mehr auf das Erbe.

Was kann ich tun, wenn mir so jemand schreibt?

Leider handelt es sich bei dieser Form von Betrug rechtlich gesehen um eine Art “Graubereich”.

Der Schaden, den ein solcher Betrüger anrichten kann, ist leider in der Praxis bis dato kaum behebbar. Darum sollte man seine potentiellen Internet-Bekanntschaften ganz genau unter die Lupe nehmen.

  • Gebt nicht zu viele Informationen von Euch preis.
  • Nehmt suspekte Freundschaftsanfragen nicht an.
  • Falls es schon passiert ist: Eigene Kontakte verbergen.
  • Vorsicht mit Informationen über die eigene Person: Seine Ängste, Träume, familiäre Situation und dgl. erzählt man doch auch sonst nicht jedem Wildfremden.
  • Misstrauen bei relativ schneller Anwendung von Kosenamen und dem Begriff „Liebe“ durch das unbekannte Gegenüber ist angebracht.
  • Für Mutige: Das Ganze abkürzen und entweder die eigene Ankunft ankündigen oder gleich fragen, wie viel Geld er denn bräuchte.
  • Für Vernünftige: Blockieren und zum Schutz anderer zukünftiger Opfer bei Facebook melden.

Zusammengefasst:

Es gibt vermutlich kein Erbe, keinen Schatz, kein Geld.

Und es gibt wohl kaum jemanden im Internet, der so liebenswürdig und freundlich ist – und unbedingt sein Geld verschenken möchte.

Also tut es ihnen gleich – und verschenkt nicht blindlings Geld an Internet-Bekanntschaften, die ihr im echten Leben noch nie gesehen habt!

Artikelbild: Shutterstock / Von fizkes
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