Social Media Reizthema: Volvo und Tempo 180

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Autor: Andre Wolf

Diskussion
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Das bringt viele Menschen bereits auf 180: Volvo verkündete am 04.03.2019, ab 2020 die eigenen Neuwagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h auszuliefern.

Ein Kommentar.

Damit dürfte im Trumpf-Kartenspiel Volvo bei der Topgeschwindigkeit nicht mehr viel wert sein. Oder zumindest sehr berechenbar. Aber darum geht es nicht. Kurzer Rückblick auf Volvos Erklärungen:

Am letzten Montag erklärte Volvo, dass man eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen in der Zukunft einführen wolle, um die Anzahl von tödlichen Unfällen oder Unfällen mit schweren Verletzungen zu reduzieren. So wie beispielsweise intelligente Systeme, welche den Zustand des Fahrers/Fahrerin auf Drogen oder Alkohol kontrollieren und bei Fahrunfähigkeit gegebenenfalls eingreifen können.

Eine dieser Maßnahmen darunter ist die generelle Abriegelung bei 180 km/h, doch genau diese Maßnahme aus dem gesamten Maßnahmenpaket schafft es, auf Social Media hart diskutiert zu werden.

Ein rein Deutsches Problem?!

Von Volvos Seiten aus sieht man kein Problem mit der Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Volvo-Vorstand Håkan Samuelsson sagte gar, dass er gar keine Gründe dafür sehe, dass ein Volvo schneller als 180 fahren müsse.

„There is no reason why you should be able to drive a Volvo faster than 180”

Im Grunde dürfte er damit auch richtig liegen, doch halt! Wir befinden uns im Jahre 2019 n. Chr.. Ganz Europa (und gar mehr) ist von den Geschwindigkeitsbegrenzungen besetzt … Ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Germanen bevölkertes Land hört nicht auf, der Beschränkung Widerstand zu leisten.

Urheber: Freeway_speed_limits_europe.png: KaterBegemot derivative work: ProloSozz (talk)
Urheber: Freeway_speed_limits_europe.png: KaterBegemot
derivative work: ProloSozz (talk)

In der Tat gäbe es in Deutschland ein Grund, über 180 km/h zu fahren, denn man darf es dort, sofern die Verkehrsverhältnisse es zulassen. Autobahntourismus mit einem Volvo wäre somit in der Zukunft zumindest weniger interessant.

Die große Frage …

Um bei Volvos Denkweise zu bleiben: Wie wichtig wäre für Volvo nun eine Rücksichtnahme auf Deutschland? Nach eigenen Angaben hatte Volvo im Jahr 2018 in Deutschland einen Marktanteil von 1,3% bei den Neuwagenzulassungen, was aus einer Pressemitteilung von Volvo herausgeht (vergleiche). 45.405 Volvo-Fahrzeuge wurden im letzten Jahr in Deutschland zugelassen, ein Drittel davon bestehend aus SUVs.

Die selbstdefinierten Werte von Volvo lauten „Sicherheit, Qualität, Design und Umweltschutz“. Sportlichkeit, bzw. Geschwindigkeit liest man da weniger heraus, insofern dürfte es nicht verwundern, dass ausgerechnet Volvo diesen Weg beschreitet und nicht etwa Audi.

Daher bleibt die große Frage, ob Volvo unter diesen Gesichtspunkten tatsächlich auf deutsche Autofahrer und Autofahrerinnen Rücksicht nehmen soll, bzw. wie viele Autobahntouristen dürften bei ihrem Adrenalinkick überhaupt je einen Volvo genutzt haben? Und wie viele Volvo-Inhaber haben in der Vergangenheit die Priorität auf die Höchstgeschwindigkeit ihres Fahrzeugs gelegt? Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Volvo auf der Autobahn bei Tempo 220 einem im Rücken sitzt dürfte wesentlich geringer sein, als ein Volvo SUV, der in einer Elterntaxi-Reihe vor der Schule steht.

Um Volvo geht es ja gar nicht!

In Wirklichkeit könnte es ja auch völlig egal sein, dass Volvo die eigenen Fahrzeuge bei 180 dicht macht. Es gibt genügend rationale Gründe im Jahr 2019, warum Volvo Geschwindigkeiten jenseits 180 nicht nötig hat. Das fängt bei Sicherheit an, geht über Umweltaspekte bis hin zu wirtschaftlichen Gründen, denn Volvo kann eine Optimierung für den Hochgeschwindigkeitsbereich in Zukunft vernachlässigen. Daraus resultieren natürlich kleinere Motoren, entsprechendes Design. Aber auch Fahrwerk und Bremssystem müssen nicht auf Geschwindigkeiten jenseits 180 km/h ausgelegt werden.

Aber es geht ja gar nicht um Volvo. Und genau das kann man wieder wunderbar auf Social Media, aber auch in Medien und auf Blogs sehen. Denn wer Wert auf eine hohe Geschwindigkeit legt, kann sich ja auch ein Fahrzeug eines anderen Herstellers kaufen und Volvo vernachlässigen.

Nein, so sehen Gegnern dieser Maßnahme einen Angriff auf die persönliche Freiheit. Schlagworte wie „Political Correctness“ kommen ins Spiel, sowie Vorwürfe, Volvo wolle doch nur billig produzieren. Auf der anderen Seite erklären Befürworter diese Idee als sinnvoll und tadeln konservatives Verhalten ab. So begegnete mir auf Social Media folgender provozierender Kommentar:

„Gefühlt sind die Deutschen beim Tempolimit in der Summe genauso uneinsichtig und bescheuert wie die Amerikaner beim nicht allzu streng reglementierten Waffenbesitz. In beiden Fällen gibt es jede Menge Tote im Jahr und trotzdem kommen sie mit Äußerungen zur persönlichen Freiheit, Lebensart und einem gottgegebenen Rechten um die Ecke, sobald man es nur mal zu Sprache bringt…“

Zugegeben, das ist recht polemisch ausgedrückt, doch steckt ein wahrer Gedanke dahinter. Die Abriegelung Volvos, sowie die Ablehnung dieser Maßnahme, sind politische Zeichen. Wenn ein Ford Ka-Fahrer auf Facebook schimpft, dass er ab sofort sich keinen Volvo kaufen würde, bedeutet das ja nicht, dass er mit seinem Ka über 180 km/h fährt oder überhaupt sich je einen Volvo gekauft hätte, sondern dass er generell die Idee einer Einschränkung ablehnt. Abgesehen davon, dass seine technische Situation ihn generell schon einschränkt, dass er stetig über 180 fahren kann. Nein, es ist die potentielle Freiheit.

Wenn man so will, haben wir hier auch eine erweiterte Greta-Diskussion vorliegen: Progressive schwedische Ideen treffen auf konservative mitteleuropäische Werte. Das ist in der Tat nichts Neues und auf Social Media in der Vergangenheit immer wieder zu beobachten gewesen. Wir haben hierzu immer wieder den Begriff des Schweden-Bashings verwendet.

Schweden wurde in der Vergangenheit immer wieder romantisiert, wenn es um die Gesellschaft ging. Sozialstaat, Gleichberechtigung, Bildung, für all das galt Schweden lange Jahre als vorbildlich. Das Schweden-Bashing wiederum greift genau dieses Bild des Idealstaates an und unterstellt Schweden große gesellschaftliche Katastrophen, die teils sogar unwahr waren und somit auch bei uns landeten (vergleiche ¹ ² ³). Ja sogar einen Bürgerkrieg dichtete man Schweden an, obschon in Schweden kein Bürgerkrieg war.

Abgesehen davon ist auch Schweden ein Land mit gesellschaftlichen Problemen, natürlich. Die romantische Sicht auf Schweden muss ebenso heruntergeschraubt werden, wie auch das übersteuerte Schweden-Bashing. Insofern ist eine nüchterne Sicht auf den Stand von Vorteil.

Und Volvo?

Und an der Stelle sind wir nun: Ob Volvo nüchtern betrachtet damit in Zukunft untergehen wird oder sogar Kunden hinzugewinnt, wird die Zeit zeigen. Volvo ist übrigens nicht der erste Hersteller mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung, denn es gibt bereits einige Hersteller, die bestimmte Modelle bei 250 km/h abriegeln, VW hat den e Golf sogar bei 150 km/h dicht gemacht (vergleiche).

Doch Volvo hat an dieser Stelle zu exakt diesem Zeitpunkt die Grenzen verschoben. In einer Zeit, wo Klimawandel heftigst diskutiert wird, progressive Ideen auf starken konservativen Widerstand stoßen und Standpunkte wie „Einschränkung zum Wohle der Zukunft“ vs. „persönliche Freiheit zum Wohle der Zukunft“ auf Social Media ausgefochten werden.

Genau jetzt kommt ein namhafter Autohersteller und bekennt sich zu Einschränkungen. Nicht nur Einschränkungen in der Geschwindigkeit, sondern auch Einschränkungen durch Sicherheitssysteme. Aus Marketing-Sicht natürlich ein sehr cleverer Schritt, da genau zu diesem Zeitpunkt exakt diese Werte bei vielen Menschen diskutiert werden. Das bedeutet, Volvo ist derzeit in aller Munde, auch bei jenen Menschen, die sich sowieso nie einen Volvo gekauft hätten.

Autopuristen wird es ein Graus sein, wer das Auto jedoch als Mittel zum Zweck sieht, dürfte es durchaus begrüßen. Auf der Metaebene ist es gesellschaftspolitisch natürlich ein Zündstoffthema.

Über den Autor …
Lebt in einem Land mit Geschwindigkeitsobergrenze und besitzt ein Sportcoupé, welches weit über 200 km/h fahren kann.

Artikelbild von Ismiza binti Ishak / Shutterstock.com

Angaben zur verwendeten Grafik (LINK):

Beschreibung

English: Automobile freeway speed limits in Europe and surroundings in kilometres per hour (km/h). Countries highlighted in green have green motorway signs, the countries highlighted in blue have blue motorway signs. The informations may vary as several freeways have differing speed limits.

Deutsch: PKW-Geschwindigkeitsbegrenzungen auf europäischen Autobahnen in Kilometern pro Stunde (km/h). Grün unterlegte Länder haben grüne, blau unterlegte blaue Autobahnbeschilderung. Die Geschwindkeitsbegrenzungen können jedoch je nach Strecke vom angegebenen Tempolimit abweichen.

Français : Limite de vitesse sur autoroute en Europe et environs. Les pays colorés en vert ont des indicateurs d’autoroute en vert, ceux colorés en bleu ont des indicateurs en bleu. La vitesse locale peut être different à celle indiquée dans l’image.

Italiano: Limite di velocità (in km/h) validi per le autovetture sulle autostrade in Europa. I Paesi colorati in verde hanno la segnaletica verde, quelli colorati in blu hanno la segnaletica blu. Si tenga conto che la velocità massima consentita può essere localmente differente da quella indicata e inoltre veicoli diversi dalle autovetture potrebbero dover sottostare a limiti di velocità inferiori.

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