Strafanzeige gegen Merkel: geht das so?

Autor: Andre Wolf

Durchsetzbarer Schritt oder medienwirksame Effekthascherei? Die AfD präsentierte eine verfasste Strafanzeige gegen Frau Dr. Merkel – Bundeskanzlerin.

Seit dem gibt es viele fragende Gesichter: kann man die Kanzlerin anzeigen? Ist es überhaupt möglich, eine Strafanzeige zu stellen und kann diese durchgesetzt werden?

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Gepaart mit der Androhung Seehofers, die Bundesregierung aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik zu verklagen, stellt sich nun berechtigt die Frage: was ist möglich? Wer kann diese Anzeigen durchführen?

Am Wochenende wurde diese Strafanzeige und auch die Diskussion um die Möglichkeit nochmals deutlich untermauert. So beziehen sich mehrere Artikel in verschiedenen Medien auf den Passauer Strafrechtler Holm Putzke, welcher klar aussagt:

Die politische Entscheidung der Bundeskanzlerin, am 5. September das Weiterreiseverbot außer Kraft zu setzen und die ungehinderte Einreise von Flüchtlingen zu ermöglichen, ist strafrechtlich angreifbar.

(Zitat: FAZ)

An dieser Stelle haben wir an verschiedenen Stellen um Informationen und Stellungnahmen gebeten.

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Antrag der AfD

Eine Anfrage bei der AfD ergab eine Antwort per Automailer, in welcher für Presseanfragen auf die eigene Homepage verwiesen wurde.

wenn Sie sich für aktuelle Pressemitteilungen und Ereignisse interessieren, so finden Sie weiterführende Informationen auf unserer Internetseite oder auf Facebook.

Von dort kann man nun entnehmen: Berlin, 9. Oktober 2015. Heute haben die AfD-Vorsitzende Frauke Petry und der stellvertretene Parteivorsitzende Alexander Gauland im Rahmen einer Pressekonferenz angekündigt, im Namen des AfD-Bundesvorstands Strafanzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu stellen.

Angehängt ist die komplette Strafanzeige, welche öffentlich einsehbar ist. Diese kann man weiterhin auf der Seite der AfD herunterladen.

Verschiedene Stimmen

Neben dem bereits angeführten Strafrechtler Holm Putzke haben wir weitere Personen um Stellungnahme gebeten. Aus Putzkes Angaben geht so weit hervor, dass Merkels humanitäre Geste vom 5. September durchaus bei der zukünftigen Beurteilung von Schleusern problematisch werden könnte, da nun entweder durch die Kanzlerin alle Schleuseraktivitäten legitimiert wurde, oder aber weiterhin unter Strafe stehen und somit die Kanzlerin ebenfalls unter diese Strafbarkeit falle.

Kann nun jeder die Kanzlerin anzeigen?

Karsten Gulden von Gulden Röttger Rechtsanwälte gab uns gegenüber die Information: “Ja, das geht als Partei. Es handelt sich dabei um eine sog. Organstreit Klage. Der private Bürger kann es nicht.” Insofern kann die AfD als Partei diese Strafanzeige stellen.

Unterschiedliche Ansichten

Wir haben nun ebenfalls Stimmen bekommen, welche wir hier wiedergeben möchten. Karl-Peter Brendel, Staatssekretär a.D. und ehemaliges Mitglied des Landtags NRW (FDP) sagte uns gegenüber:

„Im Strafrecht wird niemand verklagt, es geht zunächst um eine Anzeige, nach Prüfung könnte die Staatsanwaltschaft dann ermitteln und ggfs. Anklage erheben. Die Anzeige geht natürlich immer, für die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft müsste dann allerdings die Immunität aufgehoben werden. Inhaltlich stellt sich die Frage, was es für eine Strafttat sein soll. Merkel hilft ja nicht beim Schleusen oder bei illegalen Einreisen. Ob das 111 StGB -Aufforderung zu rechtswidirgen Taten = Einreise ohne Papiere- sein kann, erscheint mir schon zweifelhaft. Aus humanitären Gründen kann Einreise ja sogar erlaubt werden – für eine Presseüberschrift reicht es aber…“

Ebenso teilte uns Josef Lenden,Stadtverordneter bei Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt (Oder), mit:

Frau Merkel kann als Vertreterin/Repräsentantin der Bundesregierung verklagt werden, da sie im Auftrag der Regierung agiert. Aber sie kann wegen dieser Handlungen NICHT als Privatperson verklagt werden.
Also ziehen ALLE Anzeigen/Strafanträge gegen Frau Merkel eigtl gegen die Bundesregierung.

Max Bauer, Bezirksverordneter der Stadt Duisburg, Bezirk Meiderich/Beeck, sagte ebenfalls aus, dass eine Strafanzeige zwar stellbar ist, jedoch sehe er den Hintergrund dieser Anzeige eher im Populistischen Bereich anzusiedeln:

Prinzipiell kann jeder eine Anzeige erstatten – gegen alles. Ich auch gegen irgendjemanden, wenn ich der Meinung bin dieser hat sich strafbar gemacht.
Die Strafsubstanz wird dann Schlussendlich bei der Staatsanwaltschaft geklärt und dann entweder eingestellt oder es erfolgt eine Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft.
Die rechtliche Beurteilung erklärt sich anhand meiner persönlicher Vermutung von selbst: 1: Frau Bundeskanzlerin besitzt Immunität. 2: Die Gesetzeslage sieht nicht vor, dass ein politischer Entscheidungsträger für seine politischen Handlungen und Entscheidungen rechtlich belangt werden kann. Soll heißen: Die Alternative für Deutschland betreibt blinden rechten Populismus und Promotion in eigener Sache.

Fazit

Die medienwirksam getätigte Anzeige wird uns also noch öfter begegnen und man muss nun beobachten, wie Staatsanwaltschaft und eventuell auch Gerichte entscheiden.

Epilog

Warum musste es nun zu einer Anzeige kommen? Sind alle politischen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft? Was kann von der Alternative als Alternative angeboten werden?

Ist es überhaupt möglich, auf nationaler Ebene “mal eben” selbst die Krise zu lösen?. Hat uns die Wirklichkeit in den letzten Wochen nicht gezeigt, dass eine nationale Lösung kaum findbar ist und hier auf internationaler Ebene zusammen gearbeitet werden muss? Ist zugleich die internationale Gemeinschaft, sind die UNO und die EU, bisher nicht stark genug und nicht geschlossen genug, um Lösungen zu entwickeln und umzusetzen? All diese Reaktionen in Deutschland, wie z.B. die Anzeige, beschreiben zwar, dass wir an die Grenze der Leistungsfähigkeit kommen, bieten bisher aber keine wirkliche Alternative an.

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