Die wahre Geschichte der kleinen Marina Sabatier

Seit zig Jahren geht das Bild eines misshandelten Kindes kreuz und quer durch die sozialen Netzwerke. Schon seit drei Jahren existiert beispielsweise jener Statusbeitrag, der mit dem Bild eigentlich nur eines bewirken will: Likes sammeln!

Autor: Ralf Nowotny

Wir erzählen euch die Geschichte von Marina Sabatier und haben eine Bitte an euch.

Wir erzählen euch die Geschichte von Marina Sabatier und haben eine Bitte an euch.
Die wahre Geschichte der kleinen Marina Sabatier

„Als ich das gesehen habe, hat es mir die Sprache verschlagen. Like wenn du auch gegen Kinderschläger bist. Teile das Bild so oft wie möglich, damit jeder Kinderschläger weiß, dass wir ihn hassen!“

Like mich am….

Über Seiten, die mithilfe solcher Bilder um Likes geiern, haben wir schon des Öfteren berichtet, und auch dieses Bild war bereits im Januar 2013 ein Thema bei uns.

Damals hieß die nach Likegeilheit stinkende Aufforderung „Like in 5 Sekunden, wenn du gegen Kinder Schläger bist – Ignoriere wenn du es liebst“. Hier geht es den Erstellern nicht darum, eine Aktion gegen Missbrauch zu starten. Hier geht es um Likes. Schnöde Daumen nach oben unter dem Mantel der Betroffenheit, ungeachtet jedweder Persönlichkeitsrechte.

Doch wird das irgendeinem Kind jemals helfen? Wird dein Like jemals dazu beitragen, dass ein Kind weniger geschlagen wird? Nein! Kein Mensch, der Kinder schlägt, wird je einen solchen Status lesen und denken: „Oooooh, die scheinen alle dagegen zu sein! Hätte ich nicht gedacht! Dann hör ich mal besser damit auf, mein Kind zu schlagen.“.

Eine solche Gewalt existiert, das ist jedem klar. Aber es hilft nichts, absolut gar nichts, deswegen ein solches Bild zu teilen. Sich gegen Gewalt an Kindern zu positionieren kann man auch anders, z.B. durch einen Beitritt bei einer Kinderschutzorganisation.

Die Geschichte der Marina Sabatier

Seit 2012 verbreitet sich das Bild rasant, und das nicht ohne Grund, denn in diesem Jahr wurde ein Prozess gegen die Eltern der kleinen Marina entschieden, der in Frankreich sowohl für Jubel als auch für Kritik sorgte und als „Marina-Affäre“ bekannt wurde.

Marina wurde am 27. Februar 2001 als ungewolltes Kind geboren. Die Eltern, Éric und Virginie Sabatier, gaben sie zur Pflege ab, holten sie aber einen Monat später wieder zu sich. Die Gewalt an Marina begann schon früh. Bereits im Alter von einem Jahr kam sie mit gebrochenem Finger zum Arzt. Dieses Martyrium ging über die Jahre weiter, bis zu jener unheilvollen Nacht im August 2009.

In der Nacht vom 6. auf den 7. August 2009 sperrten die Eltern Marina nackt in den Keller, nachdem sie am Abend brutal geschlagen wurde. Ihre letzten Worte waren laut ihrer Mutter „mal à la tête“ („Kopfweh“) und „bonne nuit maman à demain“ („Gute Nacht Mami, bis morgen“).

Das Urteil

Am 9. September meldete der Vater Marina als verschwunden. Die Ermittler stießen bei den Untersuchungen schließlich auf diverse Fotos von Marina, u.a. auch auf jenes Foto, welches nun so massenhaft geteilt wird.

Der Vater zeigte den Ermittlern das Versteck des Leichnams!

In Erklärungsnöten zeigte der Vater den Ermittlern schließlich, wo der den Leichnam Marinas versteckte. Die Obduktion ergab ihr Übriges, Marinas Eltern wurden sofort festgenommen.

Verurteilt zu 30 Jahren

Die Verhandlung fand von 11. bis zum 26. Juni 2012 statt. Beide Eltern wurden zu einer Freiheitsstrafe von 30 Jahren verurteilt, ohne die Chance, nach 20 Jahren bereits wieder freizukommen.

Der Skandal

Eine große Diskussion wurde während der Verhandlung entfacht, denn erschreckenderweise wussten die Behörden bereits Jahre vorher von den Misshandlungen an Marina, wie durch den Gerichtsprozess ans Licht kam. Bereits 2006 alarmierte Marinas Großmutter die Behörden, wurde jedoch nicht ernst genommen. 2007 bemerkten Lehrer die blauen Flecken an Marina, speisten sich aber mit der Erklärung des Vaters ab, es handele sich um einen „genetischen Defekt“. Im Juli 2008 schaltete die Direktorin von Marinas neuer Schule die Behörden ein. Ein Amtsarzt bescheinigte 19 Verletzungen, aber es wurde dem Vater geglaubt, dass es sich nur um alltägliche Verletzungen handele. Im Juli 2008 wurde Marina von der Polizei verhört, sagte aber nichts. Im Prozess kam heraus, dass die Mutter Marina drohte, dass auch Marina ins Gefängnis kommen würde, solle sie etwas verraten. Noch im Mai 2009 beschäftigte sich der französische Kinderschutzbund (ASE) mit dem Fall, konnte aber keine Kindesgefährdung feststellen.

Im Zeitraum von sechs Jahren wurde Marina körperlich misshandelt, ohne dass eine Behörde einschritt. Dies stellte die Koordination von Kinderschutzbund, Polizei, Ärzten und Schulen in Frankreich stark in Frage.

Eine Bitte

Ihr kennt nun die tragische Geschichte. Ihr kennt jetzt den Namen des Kindes. Das war Marina Sabatier. Ein achtjähriges Mädchen, welches seine Eltern bis zum Schluss liebte, aber nie von ihren Eltern geliebt wurde.

Würdet ihr jetzt also bitte aufhören, das Bild mit plumper Likegeilheit weiterzuverbreiten?

Und wenn ihr es unbedingt teilen müsst: Erzählt ihre Geschichte. Macht darauf aufmerksam, dass so etwas auch in eurer Nachbarschaft geschehen könnte. Hört auf, Likes mit dem Bild der unglücksseligen Marina sammeln zu wollen. Sondern klärt darüber auf, dass dies ein leider viel zu häufig vorkommendes Verbrechen ist.

Schlagt Marina mit dieser Likegeilheit nicht noch einmal, sondern gebt ihr ihren Frieden.

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