Leserbrief „PCR-Tests nicht zugelassen und weisen keine Infektion nach“ (Faktencheck)

Autor: Ralf Nowotny

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Leserbrief "PCR-Tests nicht zugelassen und weisen keine Infektion nach" (Faktencheck)
Leserbrief "PCR-Tests nicht zugelassen und weisen keine Infektion nach" (Faktencheck)

Der Leserbrief eines Doktors in einer Zeitung findet große Zustimmung bei Pandemie-Leugnern. Doch die Behauptungen sind nicht gerade akkurat.

Das Foto eines Leserbriefs in einer Zeitung scheint die Meinung vieler Pandemie-Leugner zu bestätigen: Testergebnisse auf das neue Coronavirus und die klinischen Verläufe würden nicht zusammenpassen, zudem sollen PCR-Tests gar keine Vireninfektionen nachweisen können und seien deshalb  klinisch ohne Wert.

Um diesen Leserbrief, der von einem Dr. med. Mathias Künlen aus Grünwalt stammt, geht es:

Der Leserbrief
Der Leserbrief

Laut mehreren Facebook-Beiträgen stammt der Leserbrief aus der gedruckten Ausgabe des Münchner Merkur vom 16. Oktober in der Rubrik „Leserforum“ zum Thema „Der Glaube an die Testergebnisse“.

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Die Behauptungen

Dr. Künlen stellt in seinem Leserbrief zwei Kernbehauptungen auf:

  1. Die Zahl der positiven Testergebnisse explodiert, die Klinik in Form von geringen Zahlen an Kranken oder Toten passt nicht dazu
  2. PCR-Tests sind für diagnostische Zwecke ausdrücklich nicht zugelassen, können keine Vireninfektion nachweisen und sind somit klinisch ohne Wert

Einschub: Zur Person Künlen

Im Normalfall betrachten wir vordergründig die Behauptungen einer Person oder einer Seite unabhänig von der Quelle, denn selbst wenn eine Quelle eher unseriös ist, können die Behauptungen ja trotzdem wahr sein.

Trotzdem sollten wir kurz auf Dr. Künlen eingehen, da in den diversen Facebook-Beiträgen ja auch immer wieder betont wird, dass es ja „ein weiterer Arzt“ ist, der „aus der Deckung kommt“, die Nutzer ihm also eine gewisse Fachkompetenz zusprechen.

Dr. Künlen ist kein Unbekannter, er trat bereits im Mai bei Corona-Protesten als Redner auf.
Er ist allerdings weder Virologe, noch Epidemiologe, noch irgendetwas Verwandtes zu der Thematik, sondern betreibt in Liechtenstein ein Institut für Aurachirurgie.

Laut der Seite des Instituts handelt es sich bei Aurachirurgie um „feinstoffliche Chirurgie, bei der Opera­tio­nen im Energie­körper (Aura) des Patienten und damit extra­korpo­ral erfolgen. Der Patient wird dabei nicht berührt“.

Als Behandlungsmethode verschickt Dr. Künlen beispielsweise QR-Codes, dessen verschlüsselte Informationen von Wasser aufgenommen wird; das Trinken des Wassers soll die Krankheit dann heilen.

Wir überlassen es unseren Leserinnen und Lesern, die Seriosität dieser Tätigkeit zu beurteilen. Als Experte für PCR-Tests und den Verlauf der Corona-Pandemie ist diese jedoch nur sehr bedingt geeignet.

Behauptung: „Zahl der bestätigen Fälle passt nicht zu den Krankenhausaufenthalten“

Tatsächlich liegt die Zahl der gemeldeten Fälle weitaus höher als die Zahl der Krankenhausaufenthalte, wobei sich die Zahlen und das Verhältnis zueinander ständig ändern.

Als Beispiel die Zahlen des DIVI-Intensivregister, in dem die Kapazitäten der freien und belegten Betten in Deutschland festgehalten werden. So war der Verlauf am Vortag des Erscheinens des Leserbriefes noch recht milde, aktuell (30. Oktober) aber deutlich ansteigend.

Vergleich der Bettenbelegung
Vergleich der Bettenbelegung, Quelle oben und unten: DVI

Innerhalb von 15 Tagen hat sich die Belegung der Betten fast verdreifacht, von 655 auf 1.839. Die Anzahl der Gesamtbetten stieg jedoch nur geringfügig, von 21.514 auf 21.682.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind insgesamt (High-Care und Low-Care Betten) noch 7.539 Betten frei (15. Oktober: 8.719), also gibt es immer noch Luft nach oben, doch wenn die Zahlen so steigen wie aktuell, dürfte es in wenigen Wochen sehr knapp werden.

Die Aussage Künlens ist also zum damaligen Zeitpunkt prinzipiell richtig gewesen:
Es wurden mehr Fälle gemeldet, doch es waren nur verhältnismäßig wenig Krankenhausbetten belegt.

Die Änderungen der Zahlen in dem geringen Zeitabstand von gerade mal 15 Tagen zeigt jedoch deutlich, dass sich die Anzahl der Krankenhaus-Fälle geradezu dramatisch nach oben verändert und es nur eine Frage der Zeit ist, dass hierzulande die freien Betten knapp werden.

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Behauptung: „PCR-Tests können keine Vireninfektionen nachweisen“

Dieser Behauptung widmeten wir uns bereits im September, als diese mittels eines Sharepics verbreitet wurde.

Wichtig: Man muss zwischen infiziert und infektiös unterscheiden!

Denn tatsächlich weist der PCR-Test das Coronavirus selbst nicht nach. Er weist nach, ob man infiziert ist, aber nicht, ob man auch infektiös (ansteckend) ist.

Falsch ist es, dem Test deswegen eine mangelnde Aussagekraft vorzuwerfen, weil falsche Erwartungen erhoben werden.

Was weist der PCR-Test denn nach?

Eine Infektion ist gemäß dem Infektionsschutzgesetzesdie Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus“.

Der PCR-Test weist nur nach, ob sich Erbgut des neuen Coronavirus im Organismus befindet, es wird also getestet, ob man mit dem Erreger infiziert ist.

Was weist der PCR-Test denn NICHT nach?

Der PCR-Test zeigt nicht, ob der Erreger noch infektiös ist, also ob die Person noch ansteckend ist oder ob die Krankheit bereits stark abgeklungen ist.

Um nachzuweisen, ob eine Person auch noch infektiös ist, also andere Leute anstecken kann, sind weitere Tests notwendig.

Warum dann überhaupt PCR-Tests?

Da davon ausgegangen wird, „dass eine Person mit positivem PCR-Resultat die meiste Zeit während der Infektion ansteckend ist“, so Lukas Jaggi von Swissmedic in einer E-Mail an Correctiv.

Es ist unklar, ab welchem Zeitpunkt genau eine Person gemäß PCR-Test zwar infiziert, aber nicht mehr ansteckend ist, da dies auch stark variiert und zusätzliche Tests bei jeder Person einen nicht zu bewältigenden Mehraufwand darstellen.

Dr. Künlen hat also zwar recht, dass PCR-Tests keine Infektion nachweisen, jedoch gibt es nach bisherigen Erkenntnissen nur einen eher geringen Zeitraum, in dem man zwar infiziert, aber nicht infektiös ist.

Dies ist jedoch bei kommenden Testverfahren ein Faktor, der genauer untersucht und berücksichtigt werden muss, wie der Virologe Christian Drosten in einem Artikel der Zeit erläuterte.

Fazit

Sehr oberflächlich gesehen hat Dr. Künlen mit beiden Aussagen bedingt recht.
Bei der Betrachtung der jetzigen Zahlen aber und dem eigentlichen Sinn der PCR-Tests stellt man jedoch fest, dass die Behauptungen für sich genommen nicht haltbar sind.

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