Indien: Mikrochip-Kette mit Impfdaten – Unnötige Aufregung

Autor: Ralf Nowotny

Indien: Mikrochip-Kette mit Impfdaten - Unnötige Aufregung
Indien: Mikrochip-Kette mit Impfdaten - Unnötige Aufregung

In Indien gibt es seit 2014 Ketten mit integriertem Mikrochip, der Impfdaten enthält. Eine tolle Sache eigentlich, doch für manche ein Punkt zum Aufregen.

Es zeigt schon eine gewisse Verzweiflung, eine jahrealte Nachricht, die zudem auch noch etwas Positives ist, nicht nur als aktuell erscheinen zu lassen, sondern ihr auch noch alles Schlechte anzudichten: Wie eben bei Ketten in Indien, die einen kleinen Mikrochip mit den Impfdaten enthalten.

Aufregung um die Halskette mit Mikrochip
Aufregung um die Halskette mit Mikrochip

Halskette mit Mikrochip: Vorhersage von Bill Gates wird in Indien jetzt Realität“ titelte eine Seite am 1. Januar, und sogleich wird sich aufgeregt:

„..und natürlich wird wieder brav in armen dritte Welt Ländern experimentiert… Da klagt und fragt kaum jemand.

Erstaunlicherweise wurde ja der Artikel jener Seite sogar gelesen, schließlich wurden Passagen daraus im Facebook-Beitrag wiedergegeben, falsch ist jedoch, dass damit Inder überwacht werden können, vor allem nicht mit einer neuen App, die es in Indien geben soll, die aber für etwas ganz anderes ist.

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Die Mikrochip-Kette gibt es seit 2014

Von einer Vorhersage, die „jetzt“ Realität wird, kann man keineswegs sprechen, denn seit 2014 gibt es diese Ketten mit integriertem Mikrochip, die sich in den letzten Jahren als sehr praktisch erwiesen haben.

Speziell für Neugeborene wurde die Kette namens „Kushi Baby“ entwickelt. Eine schwarze Fadenkette steht in Indien traditionell als Symbol für Gesundheit und Glück. An vielen Ketten findet sich aber nun im Inneren des Anhängers ein Mikrochip, auf dem die Impfgeschichte gespeichert ist.

Wozu ein Mikrochip?

Wie vielerorts sonst auch, werden Impfungen in Indien auf Papier festgehalten. Papier geht allerdings schnell verloren, Impftermine werden vergessen, digitale Gesundheitsakten gibt es in Indien nicht.

Das Vorgehen von Ärzten in Indien ist oftmals so, dass sie von Dorf zu Dorf ziehen, dort Impfungen anbieten und die Daten in großen Büchern festhalten – dort jedoch Daten wiederzufinden, wenn die Impfdaten verlegt wurden, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.

Im Jahr 2013 bekamen dadurch 7 Millionen Kinder nicht alle drei Impfdosen gegen Keuchhusten, im selben Jahr wurden 31.000 Fälle von Keuchhusten verzeichnet, mehr als in jedem anderen Land.

Und deshalb gibt es seit 2014 die Kette mit Mikrochip, welche folgendermaßen funktioniert:

  • Auf dem Mikrochip werden die Impfdaten gespeichert
  • Ein Arzt kann die Daten mit einer Handy-App auslesen und neue Daten darauf speichern
  • Ist der Arzt wieder in einem Gebiet mit größerem Empfang, werden die Daten digital übermittelt

Bewegungsüberwachung? Nicht mit diesem Chip!

Auf den Seiten des Projekts Kushi Baby (siehe HIER) wird das Verfahren genauer beschrieben: Es handelt sich um Mikrochips, die günstig hergestellt werden können und nur auf NFC (Near Field Communication) Basis arbeiten. Sprich: Man muss mit dem Smartphone sehr nahe am Chip sein, um Daten auslesen und schreiben zu können.

Sehr indirekte Bewegungsüberwachung

Allerdings wird eine andere Methode verwendet, um gerade im Bezug auf Covid-19 Ortswechsel zu überwachen, denn die Smartphones der Ärzte haben ein GPS-System, welches festhält, wann welche Person wo gecheckt wurde. Werden die Impfungen von der selben Person an zwei verschiedenen Orten überprüft, ist also sichtbar, dass die Person gereist ist.

Effektive Bewegungsüberwachung ist dies allerdings keineswegs und auch nur eher ein Nebeneffekt, denn für die Gesundheitsbehörden ist es eher wichtig zu sehen, in welchen Gebieten bereits gut und wo eher schlecht durchgeimpft wurde.

Und was ist mit der „Überwachungs-App LiSa“?

In jenem Artikel wird beschrieben, dass es nun eine weitere App namens Mission LiSa gäbe, welche eine Überwachungssoftware ist und biometrische Daten sammelt.

Bei LiSa handelt es sich jedoch nicht um eine Überwachungssoftware (was auch sinnlos wäre, viele Inder können sich gar kein Smartphone leisten, zudem gibt es in vielen Dörfern gar keinen Empfang), sondern um die Mission Live Saving, kurz: LiSa.

Als Mission LiSa gehen Teams von Medizinern in Gebiete mit viel gefährdeten Personen und führen Covid-19 Tests durch, um besonders die ältere Bevölkerung ab 60 Jahre zu schützen (siehe dazu HIER).

Und was hat Bill Gates damit zu tun?

Nur eher indirekt. Kushi Baby wird von der Impfallianz Gavi (siehe HIER) unterstützt, welche wiederum von der Bill und Melinda Gates-Stiftung unterstützt wird.

Wenn also Bill Gates davon irgendeinen Nutzen hat, dann eher indirekt – und von einem finanziellen Gewinn kann man schon gar nicht reden. Er dient in jenen Behauptungen als Aufhänger bezüglich einer angeblichen Überwachung aller Inder.

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Fazit

Jene Mikrochip-Ketten mit den Impfdaten sind also prinzipiell eine gute und nützliche Sache in Indien. Es gibt sie seit 2014, doch so manche Menschen sehen darin anscheinend eine große Überwachungsaktion, obwohl es im Prinzip nur ein digitaler Ersatz für einen Impfausweis ist.

Quellen: Kushi Baby, Times of India, Gavi, npr, The Print

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