„Grün regiert bereits mit“ Sharepic im Faktencheck

Autor: Andre Wolf

Grün regiert bereits mit
Grün regiert bereits mit

Pendlerpauschale weg, Diesel um 70 Cent teurer, Autobahnen mit einem Tempolimit von 120 km/h. Ein Sharepic stellt in den Raum, dass diese Teuerungen nun auf die Menschen zukommen.

Das Sharepic trägt die große Aufschrift „Grün regiert bereits mit“. Grafisch findet man am rechten Bildrand Robert Habeck, dem per Bildbearbeitungsprogramm eine Krone aufgesetzt wurde. Das Bild selbst wurde auf der Facebookseite von Alice Weidel (AfD) veröffentlicht (siehe hier).

Der grüne Politiker wird somit als König stilisiert, das gesamte Sharepic suggeriert, dass die Änderungen von den Grünen stammen. Man liest als Beschreibung des Sharepics:

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Die Pendlerpauschale soll wegfallen, die Maut für LKW wird sich verteuern und weil das noch nicht genug ist, möchte die Große Koalition weiter schröpfen. In einem internen Papier des Bundesumweltamtes ist von einer Erhöhung des Spritpreises für Diesel um satte 70 Cent zu lesen. Auch die Besitzer von Benzinern können sich auf 47 Cent mehr pro Liter einstellen. Das alles nur, weil die GroKo ein Klimapaket beschlossen hat, dessen Finanzierung noch in den Sternen steht. […]

Als Quelle für diese Behauptungen wird ein Artikel der Süddeutschen Zeitung genannt (vergleiche). Dieser Artikel wird als Basis für einen Faktencheck bezüglich der dargestellten Teuerungen dienen.

Faktencheck „Grün regiert bereits mit“

Die erste Frage: Stammen diese Teuerungen von den Grünen?

Agesehen davon, dass diese Forderungen den Aussagen entsprechen, die einzelne Grünen-Politiker durchaus vertreten, gibt der hierzu gibt der als Quelle dienende Artikel eine klare Antwort: Nein! Die Aussagen über die Abschaffung der Pendlerpauschale, die hohe Teuerung des Diesels und des Tempolimits stammen nicht von den Grünen, sondern von einem internen Papier des Umweltbundesamts. Die Süddeutsche schreibt hier:

Ein internes Papier des Umweltbundesamtes legt dar, welch drastische Einschnitte wirklich nötig wären, um die deutschen Klimaziele im Verkehr zu erreichen.

Es handelt sich also weder um ein neues Gesetz, noch um einen Vorstoß der Grünen Partei an dieser Stelle, sondern um Vorschläge, die aus dem Umweltbundesamt stammen. Das Umweltbundesamt wiederum beschreibt sich selbst als eine wissenschaftliche Behörde, in der in etwa 1600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Fachdisziplinen den Zustand der Umwelt beobachten und bewerten (vergleiche). Es handelt sich entsprechend um eine nicht parteiabhängige Behörde.

Die zweite Frage: Wurde das Papier umgesetzt?

Hier wird es spannend, da die Beschreibung des Sharepics durchaus vermitteln dürfte, dass diese Punkte aus dem Papier bereits beschlossen sind. Das ist jedoch nicht der Fall. Ebenso spielen die Grünen in der Diskussion um das aktuelle Klimapaket eher eine untergeordnete Rolle.

Es handelt sich hierbei lediglich um ein Papier einer einzelnen Behörde, welches beratend dienen soll. Ob diese Kernaussagen beschlossen werden, hat am Ende die Regierungskoalition in der Hand.

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Und ob diese die drastischen Vorschläge umsetzt und beschließt, dürfte durchaus kritisch zu sehen sein. Das Handelsblatt hat sich beispielsweise ebenfalls diesem Thema gewidmet und schreibt bewertend dazu (siehe hier):

Das Verkehrsministerium tue häufig so, als sei es unmodern und rückwärtsgewandt, ökologische Folgen in Preisen auszudrücken. „In Wirklichkeit scheut es sich, diese unpopulären Maßnahmen einzuführen.“

Tatsächlich würden die Maßnahmen wohl auf erheblichen Widerstand stoßen.

Das ursprüngliche Klimapaket der Regierungskoalition hat sogar von einer Erhöhung der Pendlerpauschale gesprochen, ganz im Gegensatz zu dem Vorschlag des Papiers. Man muss an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass diese Erhöhung der Pendlerpauschale tatsächlich derzeit noch kritisch gesehen wird.

Während Unionspolitiker und auch CSU-Chef Söder die Erhöhung als festen Bestandteil des Pakets umsetzen wollen, wehren sich SPD und auch die mehrere Bundesländer dagegen (siehe hier). Bei all der Diskussion muss man jedoch sagen, dass es hier nicht darum geht, die Pauschale abzuschaffen, sondern es wird um die Erhöhung gerungen, die im Klimapaket verankert wurde.

Der Bundesrat hat übrigens bereits am 29.11.2019 Teile des Klimapakets der Regierungskoalition ausgebremst. Unter anderem geht es da auch um die Erhöhung der Pendlerpauschale (nicht um eine Abschaffung). Hier ist also noch einiges offen.

Was ist mit Diesel und Tempolimit?

Es handelt sich bei beiden Punkten um sehr unpopuläre Themen in Deutschland. Wir müssen an dieser Stelle nochmals bedenken, dass die Vorschläge aus einem Papier des Umweltbundesamtes stammen, nicht von der Regierung. Beide Punkte sind auch nicht im Klimapaket verankert.

Das Tempolimit wird zwar immer wieder diskutiert, jedoch bisher nicht eingeführt. Der Grund ist einfach: Es gab bisher nie eine entsprechende Mehrheit für die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen in Deutschland.

Schauen wir noch auf die Erhöhung für den Dieselpreis: Tatsächlich ist im Klimapaket festgelegt, dass die Preise für Diesel und Benzin (etappenweise) ansteigen sollen. Jedoch ist hier nicht die Sprache von 70 Cent, sondern 2021 sollen Benzin und Diesel um 3 Cent teurer werden, danach bis 2026 10 Cent.

Irreführendes Sharepic über Grüne

Pendlerpauschale weg, Diesel um 70 Cent teurer, Autobahnen mit einem Tempolimit von 120 km/h. All diese angeführten Maßnahmen sind aktuell nirgends gesetzlich verankert, bzw. weichen stark von den im Klimapaket festgehaltenen Maßnahmen ab oder liegen sogar im Widerspruch. Das Papier des Umweltbundesamts und das Klimapaket sind zwei unterschiedliche Dinge, die in dem Sharepic vermischt werden.

Ebenso die Aussage „Grün regiert bereits mit“ ist eher auf der Metaebene zu betrachten, da die Grünen faktisch mit dem aktuellen Klimapaket nichts zu tun haben und auch das Papier mit den drastischen Maßnahmen nicht von den Grünen, sondern dem Umweltbundesamt stammt.

Die Visualisierung Habecks als „König“ dürfte daher als reines polemisierendes Stilmittel zu betrachten sein.

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