Fake News-Kampagne entlarvt!

Autor: Tom Wannenmacher

Die Angst vor dem „Pfizer-Spritzer“! Eine angebliche „Informationskampagne“ sollte durch YouTuber verbreitet werden. Inhalt: Zweifelhafte Behauptungen über den Pfizer-Impfstoff.

Auf Twitter löste der Journalist und Webvideoproduzent Mirco Drotschmann ein kleines Beben aus: Nach seinen Angaben wurde er von einer Agentur in London kontaktiert, die ihm anbot, teil einer „Informationskampagne“ zu werden, die angebliche Todesfälle nach der Pfizer-Impfung beinhaltet.

Jener Agentur, dessen CEO in Moskau wohnen soll, liegen angeblich geleakte Daten vor, die beweisen sollen, dass es nach Impfungen mit dem Pfizer-Impfstoff gegen COVID-19 eine signifikante Anzahl von Todesfällen gegeben habe.

Verdächtig: Man sollte meinen, dass solche Daten, sollten sie echt sein, eine dermaßen große Brisanz beinhalten, dass seriöse Medien sogar Geld dafür zahlen würden, diese exklusiv zu veröffentlichen – doch stattdessen bietet die Agentur Geld dafür an, diese Daten zu verbreiten!

Auch in Frankreich erging das Angebot!

Léo Grasset, dem Inhaber des YouTube-Kanals „DirtyBiology“ wurde ebenfalls ein solches Angebot unterbreitet:

„Das ist seltsam.
Ich habe einen Vorschlag für eine Partnerschaft erhalten, die darin besteht, den Impfstoff von Pfizer in einem Video mies zu machen. Riesiges Budget, der Kunde möchte inkognito bleiben und das Sponsoring muss versteckt werden.“

Die Screenshots der Mail verraten noch mehr:
So solle das Video so gestaltet werden, als ob der YouTuber ein eigenes Interesse habe, die Öffentlichkeit zu informieren, nirgends dürfe auftauchen, dass das Video gesponsert sei, das Material solle „ganz natürlich“ den Zuschauern dargelegt werden, als ob es die eigene Sichtweise sei.

Auch sollte der YouTuber deutlich aufzeigen, dass „die Mainstream-Medien das Thema ignorieren“, sodass er beschloss, diese Informationen nun mit seinen Zuschauern zu teilen.

Die Anweisungen der Londoner Agentur
Die Anweisungen der Londoner Agentur, Quelle: Twitter

Damit nicht genug: Auch der französische YouTuber Sami Ouladitto bekam eine Anfrage:

Die Ursprünge der Behauptung

Am 14. Mai, also rund eine Woche, bevor die Influencer jenes Angebot der Londoner Agentur bekamen, erschien ein Beitrag auf Reddit, der mittlerweile gelöscht wurde, hier aber archiviert ist.

In dem Beitrag wurde von einem Nutzer, der sich am gleichen Tag erst bei Reddit registrierte, behauptet, dass sich jemand in die interne Mailing-Liste von AstraZeneca gehackt habe und eine Tabelle fand, die beweisen solle, dass die Impfungen von Pfizer bisher die meisten Todesfälle verursachten – in Deutschland alleine bereits 321, in Österreich 57.

Zum gleichen Zeitpunkt, am 14. Mai, registrierte sich eine „katelin-sutton“ auf der Webseite „Ethical Hacker“ und verbreitete die gleiche Behauptung (HIER archiviert) – Anzeichen dafür, dass jene „Informationskampagne“ bereits vorher gezielt angelaufen ist.

Die Agentur mit Verbindung zu Russland

Aus den Tweets und Screenshots der YouTuber geht hervor, dass es sich um die Agentur Fazze aus London handelt, die jene Angebote versandte. Zwischenzeitlich war deren Webseite nicht erreichbar, es handelt sich um eine „Influencer Marketing Plattform“, auf der Blogger und Werbetreibende sich registrieren können, um Produkte zu vermarkten bzw. vermarkten zu lassen.

Doch was hat eine Londoner Agentur mit Russland zu tun?
Diese Verknüpfung ergibt sich, wenn man betrachtet, dass die Agentur gar keine wirkliche Adresse in London hat – die Adresse, welche den Influencern mitgeteilt wurde, teilt sie sich mit 177 anderen Unternehmen (siehe HIER) – beziehungsweise teilt sie sich nicht, denn Fazze ist in dieser Liste gar nicht zu finden.

Die Mitarbeiterin der Agentur hingegen, welche die Influencer kontaktierten, besitzt beziehungsweise besaß eine LinkedIn-Adresse (siehe HIER), welche mittlerweile gelöscht wurde. In der Google-Vorschau ist noch zu sehen, dass die gebürtige Russin als „Heads of Sales Operations“ für Fazze arbeitet:

Die Google-Vorschau der Fazze-Mitarbeiterin
Die Google-Vorschau der Fazze-Mitarbeiterin

Nun sagt das noch nicht viel aus, dass sie russischer Abstammung ist, interessanter aber wird es wieder bei einem direkten Blick auf Fazze, denn die Agentur gehört, wie auch russische Medien berichten (siehe HIER), der Holding Company AdNow International, dessen Gründer der russische Geschäftsmann Vladimir Bashking ist.

Und nun schauen wir mal auf die Promotion-Kampagne des russischen Impfstoffs Sputnik V, in der ähnliche Behauptungen aufgestellt werden, wie in der „Informationskampagne“:

Und wieder haben wir die nicht belegbare Behauptung, dass der Pfizer-Impfstoff signifikant mehr Todesopfer fordern würde, als jeder andere Impfstoff – nur im Kleingedruckten steht auf dem Sharepic, dass kein klarer Zusammenhang zwischen Impfung und Todesfällen feststellbar ist!

Fassen wir zusammen

Mehrere YouTuber und Blogger in Deutschland und Frankreich bekamen ein mehr als dubioses Angebot einer Londoner Agentur, eine dreimal höhere Sterblichkeitsrate nach der Impfung mit dem Pfizer-Impfstoff zu propagieren.

Die Influencer wurden in den Schreiben dazu aufgefordert, nicht zu erwähnen, dass es sich um eine Kampagne handele, sie sollen sich komplett so verhalten, als ob es ihre eigenen Erkenntnisse und Meinung wäre. Dafür wurden ihnen bis zu 2.000 € angeboten.

Die Londoner Agentur hat keine echte Adresse in London, ja nicht einmal irgendwo in England, die Mitarbeiter besitzen nur LinkedIn-Adressen. Besitzer der Agentur ist eine russische Holding Company.

Eine sehr ähnliche Kampagne wurde bereits einen Monat zuvor von dem Hersteller des russischen Impfstoffes Sputnik V veröffentlicht – jedoch ebenfalls ohne stichhaltige Beweise für die Behauptungen.

Es ist also sehr mit Vorsicht zu genießen, wenn in nächster Zeit Influencer über die Todesrate nach Pfizer-Impfungen berichten – denn jene augenscheinlich aus Russland gesteuerte Kampagne hat mit ihrem Geldangebot sicherlich manchen nicht finanzkräftigen YouTuber und Blogger überzeugt!

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Weitere Quellen: rfi, Anadolu Agency, tvrain, Fact & Furious, numerama, Spiegel, france 24, The Guardian
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