Einbrecher klingeln Sturm in der Nacht?

Autor: Andre Wolf

Einbrecher?
Einbrecher?

Derzeit sind viele Menschen über ein Posting auf Social Media alarmiert: Einbrecher würden mitten in der Nacht klingeln, um sich so Zutritt zur Wohnung zur verschaffen.

Ist es ein Kettenbrief oder ein gefährlicher Trick, vor dem derzeit auf Social Media gewarnt wird? Angeblich würden Einbrecher mitten in der Nacht (2:30 Uhr) an einer Haustür klingeln und darauf warten, dass von den schlaftrunkenen Bewohnern die Türe geöffnet wird.

Das Posting auf Social Media spricht davon, dass es sich dabei um Einbrecher handelt, die mit einem Lieferwagen unter polnischem Kennzeichen unterwegs sind.

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Mittlerweile über 40.000 Mal geteilt, findet sich dieses Postings in allen Teilen Deutschlands wieder. Wie häufig es über WhatsApp versendet wurde, kann man nicht angeben. Der Inhalt lautet:

Achtung
Gestern Nacht wurde bei uns um 2:30 Uhr Sturm geklingelt. Vor unserem Haus stand ein polnischer dunkler Opel Vivano mit dem Kennzeichen „** *** ***“ mit einer Person. (Das Auto wurde ein Tag zuvor am 09.06.20 am Tretbecken in Gersheim mit vier Männern gesichtet.)Trotz dem penetranten Klingeln öffneten wir nicht die Tür und verhielten uns ruhig und ohne Licht. Wahrscheinlich waren die anderen Männer um unser Haus versteckt.
Vorfall wurde gestern bei der Polizei gemeldet, da es sich um eine neue Einbrecher-Masche handelt. Sobald die Tür geöffnet wird, wird man überwältigt und die Täter dringen in das Haus ein.
Bitte teilen, damit soviel wie möglich gewarnt werden.

Fake-Kettenbrief oder echt?

Es ist schwer zu sagen, ob der Text einen echten versuchten Einbruch beschreibt, der sich jüngst zugetragen haben soll, oder ob hier lediglich ein Kettenbrief Angst vor Einbrechern erzeugt.

Die Methode an sich ist nicht unbekannt, bereits im Herbst 2018 hat der FOCUS in einem Artikel vor einer sehr ähnlich klingenden Masche berichtet, mit der Einbrecher angeblich unterwegs sind. Man liest dort:

Der neueste Trick: Die Verbrecher klingeln nachts Sturm, um ihre Opfer aus dem Bett zu locken. Öffnen die nicht direkt die Tür, läuten sie immer wieder. Dann verstecken sie sich im Flur oder Garten, damit die Bewohner sie nicht entdecken.

Unklare Lage!

Das Posting mit den weit über 40.000 Verteilungen stammt aus Viernheim. Es handelt sich hierbei um die viral am weitesten verbreitete Version des Textes über die Einbrecher mit polnischem Kennzeichen.

Warnung vor Einbrechern
Warnung vor Einbrechern

Wir haben entsprechend mit der Polizei in Viernheim Kontakt aufgenommen und eine entsprechende Auskunft bekommen, die wir an dieser Stelle veröffentlichen:

Über den im Facebook-Post genannten Vorfall ist uns für den Bereich Viernheim in dem genannten Zeitraum kein passender Polizeieinsatz bekannt. Recherchen bei dem für Einbruchsdelikte zuständigen Kommissariat bestätigten dies.

Unabhängig von der beschriebenen Masche raten wir grundsätzlich, keine fremden Personen in die Wohnung einzulassen. BürgerInnen sollten sich vor dem Öffnen der Tür durch den Türspion oder durch das Fenster die Besucher genau ansehen & die Tür ggf. zunächst nur mit vorgelegtem Sperrriegel öffnen.

Mit freundlichen Grüßen

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Eine recht ähnliche Meldung trat nur wenige Tage in Homburg auf. Hier wurde die Polizei aktiv, musste jedoch auch anmerken, dass auf Social Media viele Falschmeldungen unterwegs sind. Man liest in einem Pressebericht:

Am vergangenen Mittwoch, 10.06.2020, nachts gegen 02:00 Uhr, wurde an einem Wohnanwesen in der Von-Bolanden-Straße in Gersheim-Niedergailbach mehrfach geklingelt. Als sich hierauf der Hauseigentümer zur Haustür begab, konnte er lediglich noch beobachten, wie sich ein blauer Lieferwagen mit polnischem Kennzeichen von seinem Wohnanwesen entfernte. Personen konnte er keine mehr sehen, er erkannte auch keine Personen in dem Fahrzeug. Eine polizeiliche Überprüfung des abgelesenen polnischen Kennzeichens ergab keine Verdachtsmomente oder konkrete Ermittlungsansätze.

Zurzeit kursieren Falschnachrichten in sozialen Medien, wonach mehrere Männer sich durch solches Klingeln gewaltsam Zugang zu Wohnhäusern verschaffen würden, um anschließend die Bewohner auszurauben. Hierüber liegen der Polizei keinerlei Erkenntnisse vor. Nichts desto trotz sollten verdächtige Wahrnehmungen sofort bei der Polizei mitgeteilt werden.

Daraus kann man durchaus schließen, dass die Viernheimer Version über die Einbrecher mit den weit über 40.000 Verteilungen nicht die ursprüngliche Version sein dürfte, sondern selbst eine kopierte Nachricht sein kann. Speziell die älteren Angaben aus dem Saarbrücker Raum scheinen hier inhaltlich und geografisch plausibler zu sein, da Homburg wesentlich näher an den im Text genannten Ort Gersheim-Niedergailbach liegt als Viernheim und hier bereits am 10. Juni über einen sehr ähnlich klingenden Vorfall berichtet wurde.

Zusammenfassend

Die Warnung weist einen kettenbriefartigen Charakter auf. Der Ursprung kann durchaus eine Einbrecher-Methode sein, die sich so abgespielt hat. Daraus dürfte sich dann dieser Text entwickelt haben, der nun in Form eines Kettenbriefes speziell in Ortsgruppen auf Facebook verbreitet wird. Daher muss man vorsichtig sein, ob die Version, die man zu Gesicht bekommt, lediglich eine kopierte Version ist.

Grundsätzlich schließen wir uns jedoch den Präventionstipps der Polizei Viernheim an:

  • Keine fremden Personen in die Wohnung lassen.
  • BürgerInnen sollten sich vor dem Öffnen der Tür durch den Türspion oder durch das Fenster die Besucher genau ansehen.
  • Die Tür ggf. zunächst nur mit vorgelegtem Sperrriegel öffnen.

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