Kinder in die Kettenbrief-Falle getrieben

Autor: Andre Wolf

Bitte keine Kettenbriefe!
Bitte keine Kettenbriefe!

Ein Kommentar zu dem nett gemeinten Kettenbrief „Für Bücherwürmer und solche, die es werden wollen“.

Sowie auch eine Abrechnung mit Kettenbriefen, die ihre Empfänger unter Druck setzen.

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Ein Kommentar.

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Heute kam eine sehr spezielle Nutzeranfrage über unser „Fake melden“ Formular herein. Speziell insofern, da es ja weder ein Fake ist, noch ein Thema, welches Social Media betrifft. Das ist nicht allein dem Absender bewusst, sondern mir auch.

Dennoch ist dieses Thema faszinierend, da es auf mehreren Ebenen interessant ist und am Ende auch Rückschlüsse auf das Verhalten gegenüber Kettenbriefen auf Social Media zulässt. Auch wenn es also kein typisches Onlinethema ist, mache ich es hier zu (m)einem Thema.

Es handelt sich dabei um einen Brief mit der Überschrift „Für Bücherwürmer und solche, die es werden wollen“. Inhaltlich geht es darum, dass man eine Kopie dieses Briefes innerhalb eines gewissen Zeitraumes an eine bestimmte Personenanzahl weiterleiten und der Person, von der man diesen Brief bekommen habe, ein Buch nach eigener Wahl schenken solle. Man selbst wiederum würde entsprechend von allen Menschen, denen man diesen Brief weiterleitet, ebenfalls ein Buch bekommen. So die Theorie.

Screenhsot: Leserhinweis
Screenshot: Leserhinweis

Was wir hier vorliegen haben, ist ein klassischer Kettenbrief im Schneeballsystem.

Reden wir über Kettenbriefe!

Irgendwie hat wohl jeder schon einmal einen Kettenbrief empfangen. Die große Frage ist jedoch, ob man diesen auch weitergesendet hat. Bei Kettenbriefen handelt es sich um Nachrichten, die heutzutage meistens über Messenger wie WhatsApp versendet werden.

Kettenbriefe sind nichts Neues – früher hat man sie per Post erhalten und wieder weiterschickt, manchmal auch per Fax. Der oben abgebildete Kettenbrief ist so einer dieser nostalgisch angehauchten Varianten, die man heutzutage eher selten vorfindet. Viele Menschen versenden Kettenbriefe, weil sie nicht erkennen, dass es sich um solche handelt, und sie dem Inhalt glauben. Doch es gibt ein paar Merkmale, woran man Kettenbriefe erkennen kann.

Der oben dargestellte Kettenbrief enthält drei der typischen Merkmale von Kettenbriefen:

  • Aufforderung der Weiterleitung an eine bestimmte Anzahl von Personen oder an „möglichst viele“
  • Innerhalb einer festgelegten Zeitspanne
  • Ein Druckmittel

Jetzt stellt sich natürlich die große Frage, wie sinnvoll Kettenbriefe sind, ob man sie weiterleiten sollte oder ob man die Kette unterbrechen sollte. Ketten unterbrechen bedeutet, diese Briefe NICHT an andere zu senden.

Natürlich gibt es Kettenbriefe, die harmlos sind und Spaß machen, manche nerven ein wenig, andere wiederum können auch gefährlich sein. Speziell dann sollte man die Kette unterbrechen.

Diese Kette hätte ich unterbrochen!

Davon abgesehen, dass ich Kettenbriefe nicht mag, hätte ich diesen Brief noch weniger gemocht, denn er setzt junge Menschen unter Druck. Mir geht es da gerade weniger um die bedenkenlose Weitergabe von Daten (man soll ja Name und Alter des Kindes in den Brief eintragen), sondern vielmehr der Komponente, wie Kinder hier zur Teilnahme animiert werden. Dieser Brief spricht speziell Kinder an (0-5 Jahre) die zum einen wahrscheinlich noch gar nicht lesen können, zum anderen schutzlos den Mechanismen eines Kettenbriefs ausgeliefert sind.

Der Brief baut gezielt eine Abhängigkeit bei Kindern auf, sie haben quasi gar keine Chance, dem Inhalt zu widersprechen (sofern sie den Brief vorgelesen bekommen). Sie sind hoffnungslos dem emotionalen Druckmittel der „armen Mamas und derer Kinder“ ausgesetzt, die ja an diesem Kettenbrief teilnehmen wollen.

Alleine der abschließende Satz, „Dieses Spiel wurde von Erzieherinnen ins Leben gerufen, um die Liebe zu Büchern zu fördern.“ macht mir Angst, denn wenn Erzieherinnen (oder auch Erzieher) Kettenbriefe als pädagogische Maßnahme in Erwägung ziehen, kommen mir Zweifel an bestimmten Kompetenzen. Gerade wenn es sich um Kettenbriefe handelt, die Kinder emotional unter Druck setzen.

Zugegeben, wir haben hier glücklicherweise kein angekündigtes Horrorszenario vorliegen, welches passieren würde, falls man an diesem Kettenbrief nicht teilnimmt. Dennoch liegt hier ein Druckmittel vor, welches nicht zu unterschätzen ist: Indirekt wird ausgesagt, dass Mamas und Erzieherinnen diesen Brief ja toll finden und gerne mitmachen, weil er ja so förderlich für die Bildung ist. Wenn man also nicht mitmacht, stellt man sich gegen diese Personen. Das ist natürlich eine fiese Suggestivbotschaft.

Meine Lieblingsstelle in diesem Brief lautet ja:

Bitte wirf diesen Brief nicht weg, sonst hätten sich die anderen Mamas umsonst bemüht.

Ganz ehrlich, mein Rat lautet sogar: Bitte entsorge diesen Brief fachgerecht. Im Papiermüll beispielsweise. Und auch die darauffolgende Aufforderung, wenn man nicht mitmachen wolle, soll man doch bitte dem Absender Bescheid geben und den Brief zurücksenden. Also bitte, ein Kind muss NICHT Rede und Antwort stehen, wenn es an einem Kettenbrief nicht teilnehmen möchte.

Und zurücksenden schon mal gar nicht, denn mal im Ernst: Wer von euch sendet ungewollte Werbung wieder zurück? Also warum sollte man einen ungewollten Kettenbrief wieder zurücksenden.

Mein Rat für Eltern

An erster Stelle: Sprecht mit euren Kindern über Kettenbriefe, sobald sie mit diesen in Berührung kommen. Kettenbriefe folgen immer bestimmten Methoden, die Kinder (oder generell ihre Empfänger) beeinflussen. Es gehört immer eine gewisse Stärke dazu, einem Kettenbrief zu widersprechen.

Denn anstatt Kettenbriefe einzusetzen, um junge Menschen zu beeinflussen, dürfte es wesentlich wichtiger sein, (junge) Menschen über die Funktionsweisen von Kettenbriefen aufzuklären. Das gilt nicht nur für Kinder, sondern ebenso für Erwachsene. Erst recht für erwachsene Menschen in pädagogischen Berufen.

Und am Ende soll mir niemand damit kommen, dass es in dem ganzen Spiel doch lediglich um die Idee geht, Kinder zum Lesen zu animieren und zudem viele Bücher bekommen.

Es gibt da noch andere, viel bessere Möglichkeiten neben einem Kettenbrief. Eine dieser Möglichkeiten nennt sich „Bücherei“, bzw. „Bibliothek“. Tolle Orte, an denen man sich sogar aussuchen kann, welches Buch man lesen möchte. Allein die Auswahl an Büchern kann schon dazu animieren, dass man etwas lesen möchte.

Daneben gibt es noch eine andere, noch nicht ganz so alte Erscheinung: Die öffentlichen Bücherschränke. Tolle gemeinnützige Idee. Es handelt sich dabei um ein Regal/Schrank mit Büchern an einem öffentlichen Ort. Diese Bücher können kostenlos und ohne Registrierung mitgenommen werden. Gleichzeitig kann (und soll) man ein Buch auch hinterlassen, welches dann von anderen Menschen wiederum mitgenommen werden kann.

Das ist ein schönes share&care Projekt, welches Kindern bestimmt auch Spaß bereitet und zudem auch eine gewisse Nachhaltigkeit vermittelt.

Also: Unterbrich die Kette, nutze einen anderen Weg!

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