Faktencheck: Der deutsche Transrapid in China

Autor: Ralf Nowotny

Der Transrapid in China
Artikelbild: Shutterstock / hxdyl

Der deutsche Transrapid, der nicht in Deutschland fährt, soll jetzt in China fahren, und Deutschland zahlt auch noch Entwicklungshilfe, so die Behauptungen auf einem Sharepic.

Auf jenem Sharepic wird die Umwelt- und Außenpolitik Deutschlands scharf angegangen: Einerseits wurde der Start des Transrapid in Deutschland von Umweltaktivisten verhindert, stattdessen fahre dieser Zug nun in China, welches sich, den Argumentationen des Sharepics folgend, nicht um Umwelt schert und nun diesen Transrapid betreibt. Trotzdem zahle Deutschland auch noch Entwicklungshilfe in Höhe von 800 Millionen Euro an China.

Hier das Sharepic, zu dem wir viele Anfragen bekommen:

Das Sharepic zum deutschen Transrapid in China
Das Sharepic zum deutschen Transrapid in China

Der Text auf dem Sharepic:

„Fährt nicht, sondern schwebt: der neue Deutsche Transrapid in China.
Deutsche Ingenieurskunst von deutschen Ingenieuren in Deutschland entwickelt, der Transrapid:
Das Projekt wurde von linksgrüner Politik, Umweltverbänden, usw. in Deutschland abgewürgt. Auf den vorgesehenen Strecken wurden Feldhamster Nester, Mistkäfer Populationen, seltene Schmetterlinge, Krötenwanderungen und tieffliegende Klapperstörche entdeckt, die einen Bau unmöglich machten.
Die wegweisende, umweltfreundliche und energiesparende deutsche Erfindung erlebt jetzt ihren Erfolg nicht in Deutschland sondern in China!
Die Chinesen freuen sich über die deutsche gratis Zukunftstechnik. 1000 Kilometer Strecke werden jetzt hierfür gebaut.
Und das absolut bekloppte: Deutschland überweist dazu noch einmal jährlich fast 800 Millionen € Entwicklungshilfe. In Deutschland hüpfen dann die Schulschwänzer am Freitag sinnentleerte Parolen plärrend durch die Gegend. Wenn es nicht so traurig wäre… das Lachen bleibt einem im Hals stecken.“

Im Folgenden werden wir auf die einzelnen Behauptungen in dem Sharepic eingehen.

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Behauptung: Politik und Umweltverbände verhinderten den Transrapid in Deutschland

Die Idee für einen Transrapid gibt es bereits seit 1976, seitdem wurden immer wieder mal Teststrecken oder zumindest Prototypen gebaut. Das erste Projekt in Bayern scheiterte bereits 1977, weil die Bauern ihre Grundstücke dafür nicht verkaufen wollten.

Die letzten Planungen für einen Transrapid in Deutschland sind 25 Jahre her: 1994 plante die Bundesregierung den Bau einer Strecke von Berlin nach Hamburg. Doch Anfang 2000 erklärte Bahnchef Hartmut Mehdorn das Projekt für gescheitert: Es müssten insgesamt 6 Milliarden Euro investiert werden, um 20 Minuten Zeitersparnis zu erreichen.

Während das Projekt anfangs noch sehr attraktiv aussah, stiegen die Baukosten für die Strecken immer wieder in die Höhe. Auch 2010 sollten noch zumindest Teststrecken gebaut werden, doch auch diese scheiterten und scheitern immer wieder an Finanzierungen. Zudem wird die Deutsche Bahn mit ihren Hochgeschwindigkeitszügen immer effizienter, so dass ein echter Vorteil des Transrapid weiter schrumpft: zu hohe Kosten für zu wenig Vorteile.

Nicht „linksgrüne“ Politik oder Umweltverbände verhinderten das Projekt, sondern steigende Baukosten für zu geringe Vorteile.

Behauptung: Der Transrapid ist umweltfreundlicher

Darüber wurde viel gestritten. Zweifellos fährt ein Transrapid leiser als ein ICE, die hochgestellten Bahnen sind jedoch optisch nicht gerade elegant. Der Energieverbrauch ist auch niedriger, sofern der Transrapid über 300 Stundenkilometer fährt, darunter sei der Energieverbrauch 10 Prozent höher als der eines ICE 3.

In einer Studie des „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“ kommt man zu dem Schluss, dass der Transrapid im Technologiebereich deutlich besser als der ICE abschneidet, solange die Geschwindigkeit nicht über 400 km/h beträgt. Ab dieser Geschwindigkeit nähern sich die Umweltwerte von Transrapid und ICE an.

Unterm Strich kommt die Studie zu dem Schluss, dass der Transrapid umweltfreundlicher ist, zur Optimierung müsse aber auch der von beiden Fahrzeugen benötigte Strom ökologischer erzeugt werden. Auch sind die bisherigen Teststrecken weniger optimal, da sich beispielsweise bei einem Transrapid, der eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 350 km/h fährt, gerade einmal eine Zeitersparnis von 10 Minuten zwischen Hamburg und Berlin ergeben würde.

In vielen Punkten ist der Transrapid tatsächlich umweltfreundlicher als der ICE, wenn Fahrtgeschwindigkeit und Auslastung in bestimmten Rahmen bleiben.

Behauptung: Der deutsche Transrapid fährt jetzt in China

Bereits 2002 fuhr der von Deutschland entwickelte Transrapid in China, und zwar auf einer 30 Kilometer langen Strecke zwischen einem Außenbezirk Schanghais und dem Flughafen Pudong, der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder gehörte zu den ersten Fahrgästen.

Doch das war es auch schon, denn ausgerechnet eine in China verbreitete Fake News schreckte viele Passagiere ab:
Ein Professer einer Universität in Peking soll behauptet haben, dass während der Fahrt radioaktive Strahlung entstehe, die sich erst Jahrzehnte später im Körper bemerkbar machen würde. Die Anwohner der geplanten Erweiterungsstrecke kamen sich wie Versuchskaninchen vor, die Proteste verhinderten den Weiterbau.

Seitdem entwickelte China eigene Hochgeschwindigkeitszüge, die mittlerweile ein Streckennetz von über 25.000 Kilometer aufweisen können.

Seit 2016 entwickelte China nun einen eigenen Transrapid, der zwar ebenfalls die Magnetschwebetechnik nutzt, ansonsten aber vollkommen eigenständig von China entwickelt wird und mit 600 km/h sogar deutlich schneller als das deutsche Vorbild sein soll.

Im Jahr 2020 wird nun die erste Strecke für diesen China-eigenen Transrapid gebaut, welche 1.000 Kilometer lang sein soll. An der Entwicklung dieser Magnetschnellbahn arbeiteten mehr als 30 chinesische Unternehmen, Universitäten und Forschungsinstituten. Deutsche Technologie wird sich darin wohl kaum befinden: Die damaligen Thyssen-Werke, die den Transrapid bauten, sind längst geschlossen, die Technologie von 2002 natürlich längst veraltet.

Der Transrapid, welcher in China fahren wird, hat mit dem damaligen deutschen Modell nur die Magnetschwebetechnik gemeinsam.

Behauptung: Deutschland zahlt China fast 800 Mio. Euro Entwicklungshilfe jährlich

Bei den gezahlten Summen handelt es sich zum größten Teil um Förderkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau, also um günstigere Darlehen, als auf dem offenen Finanzmarkt. Es ist also einfach ausgedrückt Geld, welches Deutschland mit Zinsen zurückerhält!

DIese Kredite an China werden mit einer bestimmten Absicht vergeben: Dadurch können deutsche Unternehmen gezielt erneuerbare Energien in China fördern und dadurch ebenfalls Gewinne erzielen. Zwar ist China eine Wirtschaftsmacht, was aber zu Ungunsten der Natur und der Umwelt ging.

In China stieg die CO2-Produktion seit 1990 um 300 Prozent, in Deutschland sank sie seitdem um 27 Prozent. So sind Investitionen in Chinas Umwelttechnik, die durch vergebene Kredite begünstigt werden, im Endeffekt sowohl ein Gewinn für das Klima, als auch für deutsche Firmen, als auch für Deutschland selbst, die diese Förderkredite mit Zinsen zurückerhalten.

Die unter dem Allgemeinbegriff „Entwicklungshilfe“ genannten Zahlungen sind also zum größten Teil lohnenswerte Investitionen.

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Fazit

Die Behauptungen auf dem Sharepic sind zum überwiegenden Teil falsch oder irreführend interpretiert.

Artikelbild: Shutterstock / hxdyl
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