Das SUV Dilemma: Grüne sind die SUV Fahrer?

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Autor: Andre Wolf

Artikelbild SUV / Shutterstock / Von Jenson
Artikelbild SUV / Shutterstock / Von Jenson

Wasser predigen und Wein trinken. Das ist der Beigeschmack der Aussage „Grünen-Wähler fahren am liebsten SUV“.

Vor wenigen Tagen ist in einer großen deutschen Zeitung ein Artikel über eine Studie über die Anschaffung von Neuwagen in Relation zum Wählerverhalten erschienen. Das Ergebnis ist überraschend, denn auf Platz 1 dieser Studie tauchen die Wähler und WählerInnen der Grünen auf, die sich ein SUV (Sports Utility Vehicle) gekauft haben oder kaufen wollen.

Zunächst: Die Umfrage an sich ist kein Fake. Darum geht es auch gar nicht. Dieser Faktencheck bezieht sich NICHT auf das Umfrageergebnis, sondern auf die mediale und politische Interpretation des Ergebnisses!

Kommen wir zu dem wohl derzeit am meisten beachteten Ergebnis der Beratungsfirma Puls. Es gab mehrere Fragen, jedoch diese hier hat viel Wirbel ausgelöst: Wer fährt ein SUV? Das Ranking im Klartext:

  • 16,3 % befragter Grünen-Anhänger fahren ein SUV
  • 16 % der SPD-Anhänger
  • 15,9 % der AfD-Anhänger
  • 15,6 % der Union-Anhänger
  • 13,3 % der FDP Anhänger
  • 7,7 % der Linken-Anhänger

Wir erkennen bereits, dass die ersten vier Plätze hart umkämpft sind. Hart ist gut, wir reden hier von einer Spanne von 0,3 Prozentpunkten vom Ersten auf den Zweitplatzierten und dann noch einmal 0,1 Prozentpunkten auf den Drittplatzierten. Der Fokus, der ebenfalls über diese Umfrage berichtet, merkt hier bereits ein Problem an:

Allerdings muss betont werden, dass bei einer Umfrage mit etwas mehr als 1000 Teilnehmern die Fehlertoleranz bei zwei bis drei Prozent liegt.

Diese Zahlen hat der Focus nicht erfunden, sondern sie werden auch auf der Webseite Wahlrecht.de so angegeben. Dort lautet es zum Thema Wahlumfragen:

Bei 1.000 Befragten liegt der statistische Unsicherheitsbereich (Fehlertoleranz) bei ca. 3 % (das heißt, mit 95 %-iger Wahrscheinlichkeit liegt der wahre Wert in einem Intervall von +/− 3 % um dem angegeben Umfragewert. Der Unsicherheitsbereich kann auch durch statistische Tricks nicht mehr verkleinert werden (sondern nur durch mehr Befragte). Umfragewerte sollten daher nicht überinterpretiert werden.

Das bedeutet, die jeweiligen Ergebnisse können um bis zu drei Prozentpunkte nach oben oder nach unten abweichen. Das ist natürlich jetzt nach allen Seiten interpretierbar. Wir können jetzt nicht sagen, dass demnach vielleicht nur 13,3% aller Grünen-Anhänger sich einen SUV gekauft haben. Es können auch genauso gut im maximalen Fall 19,3% sein. Dennoch haben wir eine recht hohe Schwankungsbreite. Speziell dann, wenn wir auf die eng beieinander liegenden Zahlen schauen, handelt es sich um keine signifikante Aussage, wer diese Statistik anführt.

Zu der Interpretation der Umfrage gibt es noch ein kleines Problem. Bei den Befragten handelt es sich nämlich um eine selektive Gruppe.

Die Ausgangslage

Wie in der Mathematik müssen wir hier ebenfalls auf die Ausgangsmenge schauen. Wer und wie viele Menschen wurden hier befragt? Der Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu diesem Thema spricht von:

Befragt wurden 1042 Personen, die in den nächsten 6 Monaten eine Autoanschaffung planen oder in den vergangenen 12 Monaten getätigt haben.

Wir haben es also grundsätzlich mit Menschen zu tun, die jüngst ein Auto gekauft haben oder eine Anschaffung in Erwägung ziehen. Nicht davon betroffen sind alle Menschen, die keinen Autowechsel vollzogen haben oder solch einen in Erwägung ziehen. Ebenso sind Menschen, die gar kein Auto besitzen, in dieser Umfrage nicht berücksichtigt. Auch alle jene, die planen, ein Fahrzeug zu kaufen, stellen bis zum endgültigen Kauf nur potenzielle Käufer dar.

Insofern handelt es sich um eine zugespitzte Zielgruppe. Das bedeutet auch, dass all jene, die bereits länger als ein Jahr ein Auto besitzen und dieses auch noch länger als 6 Monate fahren wollen, gar nicht in dem Ergebnis auftauchen. Leider fehlt entsprechend hier die Angabe, wie groß diese Gruppe ist. Und wie groß in Relation zu der Gruppe, die eben letztendlich befragt wurden.

Insofern ist es immens wichtig, dass die Zielgruppe der Befragten in einem engen Zusammenhang mit dem Ergebnis genannt wird.

SUV: Die politische Verwertung

Im Grunde genommen ist eine Umfrage wie diese gar kein Problem und solche Umfragen hat es schon seit jeher gegeben. Man kann aus dieser Art von Umfragen allerlei Dinge ableiten oder auch interpretieren. Selbst das Umweltbundesamt wird in verschiedenen Artikeln zu diesem Thema zitiert, da das Umweltbundesamt diese Angaben für plausibel hält. So lautet es beispielsweise:

„Hohe Ressourcenverbräuche und Treibhausgasemissionen finden sich gerade in den sozialen Milieus, die sich verbal zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bekennen”

Es würde sich laut Umweltbundesamt hier um Schichten handeln, „in denen positive Umwelteinstellungen sowie das Wissen weit verbreitet sind, dass ein sparsamer Umgang mit Ressourcen notwendig ist.”

Dennoch gibt es an der Darstellung und der Interpretation ein paar Probleme. Diese Umfrage wird über weite Strecken so dargestellt, als ob Politiker der Grünen für dieses Verhalten verantwortlich wären. Das ist natürlich mitnichten so. Ebenso wie der Gedanke, dass nun jeder sechste Grüne einen SUV vor der Haustür stehen hat. Also hier liegen bereits im Vorfeld schon teilweise Fehlinterpretationen vor.

Diese Fehlinterpretation werden jedoch durch politische Überspitzung im Wahlkampf nochmals dramatisiert. Eine Schuldzuweisung findet statt, die interessanterweise auf dem Rücken der Wählerinnen und Wähler ausgetragen wird. Hier wird nicht allein die Partei angegriffen, sondern deren Wähler als Doppelmoralisten und Scheinheilige vorgeführt. Das zeigt sich bereits auf Social Media, sogar über offizielle Parteikanäle:

Die Aussage dieser Wahlkampf-Tweets über die Relationen zwischen Grünenwählerinnen und Wählern bezüglich SUVs ist also problematisch. Die Pauschalisierung anderer Wähler als Umweltsünder aufgrund einer Umfrage unter einer spitzen Bevölkerungsgruppe ist letztendlich nicht haltbar. Es ist hierbei um so ärgerlicher, wenn große Parteien der Mitte diese falsche Darstellung schüren.

Ich habe mich jetzt schon mit zu dem Thema grünen Bashing seitens der Union geäußert (vergleiche). Ich verstehe nicht, wieso diese Partei das notwendig hat. Ich verstehe auch nicht, welches Ziel dahinter steckt. Denn in meinen Augen werden diese Argumentationen keine Wechselwähler zugunsten der Union aktivieren.

Im Gegenteil, ich sehe in dieser Art des Wahlkampfes eher eine Radikalisierung. Bestehende Wähler werden lediglich radikalisiert und das Klima unter der Bevölkerung weiter vergiftet. Das halte ich für einen grundsätzlich falschen Weg des Wahlkampfes. Und das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen. Leider sieht es hier noch so aus, als ob diese Art des Wahlkampfes unumkehrbar gestartet ist.

Ich kann daher nur noch einmal appellieren, dass es in einem Wahlkampf darum gehen sollte, die eigenen Stärken und das eigene Programm zu präsentieren. Jemand anderen herab zu reden, speziell mit Fehlinterpretation oder falschen Darstellungen (ob bewusst oder unbewusst) kann sich zu einem Bumerang entwickeln.

Manipulationen können am Ende durch Wählerinnen und Wähler auch als Vertrauensbruch gewertet werden. Insofern rate ich jeder Partei, egal welcher Couleur, von dieser Art des Schmutzkübel-Wahlkampfes ab.

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Epilog.

Am gestrigen Tage hat mein Kollege Ralf ein sehr interessantes Posting veröffentlicht. Dieses Posting trifft die aktuelle Situation für uns Faktenprüfer, speziell für diesen Artikel, sehr deutlich. Ralf schreibt:

Irgendwelche Leute kacken überall in die Internet-Stadt.
Wir räumen als freiwillige Putzkolonne überall auf.
Besonders oft wird derzeit in den Baerbock-Hof gekackt.
Natürlich räumen wir auch da auf.
Und deswegen werden wir nun als „Baerbock-Wahlhilfskampagne“ bezeichnet? Weil DIE da viel[e] reinkacken und WIR deshalb da auch viel aufräumen?
Denen wäre es also lieber, wenn deren Kacke dort liegenbleiben würde… aber WIR sind die Bösen?
Das verstehe, wer will…

Wir dürfen nicht vergessen, was zuerst da war. Nicht der Faktenprüfer war zuerst da, sondern das Stückchen Scheiße, das einfach irgendwo auf dem Boden hinterlassen wurde, war zuerst da. Die Frage ist, wie sehr wollen wir unsere Social Media Umwelt zuscheißen lassen? Die Entscheidung liegt bei dir!

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Verwendete Quellen:

Artikelbild SUV / Shutterstock / Von Jenson
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