Impfstoff-Entwicklung im Alleingang: Ein 74-jähriger Labormediziner hat offenbar ein eigenes Covid-19-Vakzin entwickelt und an mehreren Probanden getestet. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Lübeck.
Wirksamkeit von Drosten und Streek bestätigt: Labormediziner Winfried Stöcker habe laut eines Berichts des „Spiegel“ sich selbst und vier Probanden mithilfe eines eigens entwickelten „rekombinanten Antigen“ gegen das Coronavirus immunisiert. Gegenüber Klaus Chichutek, dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) ließ Stöcker im September 2020 verlauten, dass alle Testpersonen Covid-19-Antikörper gebildet haben und die Wirksamkeit des Vakzins von den Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck bestätigt worden sei. Stöcker habe daraufhin die Zustimmung des PEI erbeten, mithilfe von Freiwilligen testen zu dürfen, ob es Nebenwirkungen gebe.
Strafanzeige statt Produktion
Chichutek habe in einer Mail mitgeteilt, dass Stöcker mit seinem Handeln „experimentelle Arzneimittel ohne Genehmigung“ „klinisch geprüft“ habe. Dies erwecke den „Verdacht strafbaren Handelns“, weswegen Chichutek den Fall an das Landesamt für soziale Dienste in Kiel weiterleitete, das wiederum Strafanzeige stellte. Wolfgang Kubicki, FDP-Politiker und Stöckers Anwalt habe mit dem Hinweis darauf, Stöcker habe das Antigen im Rahmen „individueller Heilversuche“ verabreicht, wofür er als Mediziner keine Erlaubnis brauche, beantragt, das Verfahren einzustellen.
Nach Angaben des PEIs habe Stöcker deren Angebot, sein Konzept „im Rahmen eines strukturierten Beratungsgesprächs zu präsentieren“, abgelehnt. Dieses Angebot sei laut Stöcker allerdings erst gemacht worden, nachdem bereits Strafanzeige gegen ihn gestellt worden sei und er das Vertrauen in das Institut verloren habe.
Rezeptur soll patentfrei veröffentlicht werden
Derweil habe Stöcker das Antigen nach eigenen Angaben an 60 weiteren Freiwilligen getestet, von denen mehr als 90 Prozent daraufhin „schützende Antikörper in hoher Konzentration“ entwickelt hätten. Er wolle die Rezeptur der „banalen, nahezu nebenwirkungfreien und äußerst effektiven Impfung“ veröffentlichen, damit möglichst viele Menschen schützen aber kein Geld verdienen. Sollte sein Verfahren Wirkung zeigen, seien die andern Vakzin-Patente hinfällig und jeder könne einen Impfstoff herstellen, so Stöcker weiter. Der von ihm entwickelte Impfstoff sei deutlich einfacher herzustellen und zu lagern, erzählt er im Artikel des „Spiegels“.
Erfolgreiche Forschung in der Vergangenheit
Laut des „Spiegel“-Berichtes ist Winfried Stöcker kein einfacher Hobbyvirologe, sondern Leiter eines klinisch-immunologischen Labors mit 50 Angestellten. In der Vergangenheit habe er bereits das Unternehmen „Euroimmun“ gegründet, welches Verfahren zur Erkennung von Autoimmun- und Infektionskrankheiten entwickelte. Mit dem Verkauf dieses Unternehmens an einen US-Konzern habe er 600 Millionen Euro verdient. Da er mit seinem Privatlabor noch immer mit „Euroimmun“ arbeite, sei er über die dortigen Forschungen bezüglich eines Corona-Impfstoffs gut informiert gewesen und habe deren Erkenntnisse für eigene Vorgehen genutzt, so Stöcker. Er habe nicht auf eine zeitintensive, amtliche Genehmigung warten, sondern handeln wollen.
Quellen:
Deutscher Labormediziner entwickelt eigenen Corona-Impfstoff – Behörden ermitteln (t-online.de)
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/coronavirus-der-corona-tueftler-und-sein-impfstoff-im-marmeladenglas-a-00000000-0002-0001-0000-000175196801
Gastautorin: Annika Hommer von “Irgendwas Mit Schreiben„
Artikelbild: Shutterstock.com / PhotobyTawat