Cola und Antigen-Test: Warum ein „positives“ Ergebnis entsteht

Autor: Andre Wolf

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Artikelbild Cola / Antigen Test: Shutterstock.com / Noiel / focal point / Roche
Artikelbild Cola / Antigen Test: Shutterstock.com / Noiel / focal point / Roche

Gibt es ein „positives“ Testergebnis, wenn man Cola mit einem SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test testet? Augenscheinlich ja!

Diese Botschaft irritiert viele Menschen: Wenn man handelsübliche Cola einem Antigen Test unterzieht, zeigt sich das Testergebnis als positiv. Daraus entstehen nun viele Fragen: Stimmt das, kann dieser Test überhaupt auf Cola reagieren? Falls ja, ist dieser Test dann überhaupt wirksam, wenn er sogar auf Cola reagiert?

Genau das steht derzeit in der Diskussion. Wir haben hierzu einen Faktencheck gestartet, um die Hintergründe zu diesem politisch derzeit häufig erwähnten Testergebnis zu erfahren.

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Hierzu galt es zunächst zu klären, welcher Test überhaupt verwendet wurde. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem positiven Testergebnis mit der Cola um einen SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test handelt, welcher von der Firma Roche vertrieben wird. Dieser Test wurde generell bei den in Österreich gestarteten Massentests verwendet und stand somit in der Kritik.

Schritt 1: Anfrage bei Roche

Wir haben hierzu direkt bei Roche um eine Information gebeten, ob dieser Test überhaupt auf Cola reagieren kann. Falls dies der Fall sein sollte, haben wir um eine entsprechende Erklärung gebeten. Hierzu haben wir dankenswerter Weise von Roche eine Erklärung bekommen:

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Cola ist nicht die für den Test vorgesehene Testsubstanz, und daher können wir dies nicht als eine gültige Methode zur Durchführung des Tests ansehen. Der physiologische pH-Wert im Körper ist eng auf pH 7 reguliert. Cola hingegen ist sehr sauer (pH 2,2), ein Zustand, der den Großteil der Proteine zerstört und diesen Test unbrauchbar macht. Jeder Test auf Proteinbasis würde mit Cola nicht funktionieren oder falsche Ergebnisse liefern. Dasselbe gilt für sehr basische Bedingungen oder chaotrope Salze, die Proteine denaturieren.
Mit freundlichen Grüssen

Kurz gesagt: Der Test ist für einen Abstrich aus Rachen bzw. der Nase vorgesehen. Dort funktioniert er natürlich so, wie er soll. Andere Anwendungsgebiete liefern natürlich auch Ergebnisse (negativ oder positiv). Diese sagen jedoch nichts über die getestete Substanz aus. Die Beschreibung des Tests sagt auch deutlich, wo der Text anzuwenden ist:

Führen Sie zur Entnahme einer nasopharyngealen Abstrichprobe einen sterilen Tupfer in ein Nasenloch des Patienten ein, bis Sie die Oberfläche des hinteren Nasopharynx erreichen.

Ferner:

1. Geben Sie 3 Tropfen der extrahierten Probe in die Probenvertiefung des Teststreifens.

2. Lesen Sie das Testergebnis nach 15-30 Minuten ab. Wenn das Testergebnis nach mehr als 30 Minuten abgelesen wird, kann das Ergebnis falschsein.

Das sind die Grundvoraussetzungen für die Funktion des Tests. Alles andere kann zu falschen oder sinnlosen Ergebnissen führen.

Schritt 2: Anfrage an unabhängigen Experten

In einem zweiten Schritt haben wir mit einem unabhängigen Experten gesprochen. Hierfür stand uns Peter Lieberzeit, Univ.-Prof., derzeit Vorstand des Instituts für Physikalische Chemie an der Fakultät für Chemie der Universität Wien, zur Verfügung. Vielen Dank an dieser Stelle.

Lieberzeit hat sowohl den Test, als auch das Ergebnis mit der Cola genau für uns analysiert und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:

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Laut Packungsbeilage (hier in Google-Cache zu sehen) besteht der Antigen Test aus einer Nitrozellulosemembran, auf die eine Testlinie (Anti-SARS-Antikörper) und eine Kontrolllinie (Anti-Huhn-IgY) aufgebracht sind. Die Mischung selber enthält einen goldkonjugierten Antikörper (also ein Protein an einem Gold-Nanopartikel) und einen Huhn-IgY (auch ein Antikörper, letztlich ein Protein), das ebenfalls an ein Goldpartikel gebunden ist.

Die Proben müssen nach der Abnahme vom Stäbchen in ein Virentransportmedium übertragen werden.

Lieberzeit weist an dieser Stelle auch deutlich darauf hin, dass eine pH-neutrale (pH=7,3) Umgebung wichtig ist. Diese ist bei einem Menschen durchaus zu erwarten. Bei Cola wiederum nicht.

Bei richtiger Verwendung bindet das Huhn-IgY-Goldkonjugat and den monoklonalen anti-Huhn-IgY-Antikörper („mAk“ bedeutet „monoklonaler Antikörper“, das ist eine Klasse biotechnologisch hergestellter Antikörper, die für solche Tests eingesetzt werden, weil sie sehr spezifisch sind). Dadurch färbt sich die Kontrolllinie, weil dort gehäuft Gold-Nanopartikel an der Oberfläche binden.

Ist COVID-Virusprotein vorhanden, bindet es an den goldkonjugierten Antikörper. Dieser Komplex bindet dann an der Testlinie.

Warum schlägt der Test bei Cola aus?

Univ.-Prof. Lieberzeits Angaben bestätigen im Grunde die Angaben, welche wir von Roche erhalten haben: Antikörper sind – wie alle Proteine – in ihrer Funktion sehr empfindlich gegen Änderungen der Umgebungsbedingungen (pH-Wert, Temperatur, etc.).

Daher können diverse Faktoren auf die Stabilität von Proteinen beeinflussen, so wie eben der Säuregehalt der Cola. Ein niedriger pH führt daher zu einem gezielten Abbau oder der Zerstörung von monoklonalen Antikörpern.

Diese beeinflussten Proteine, Fachleute sprechen hier von „denaturierten“ Proteinen, tendieren dazu, sich anzuhäufen. Dementsprechend ergibt also nicht nur Cola ein „positives“ Ergebnis im Antigen Test, sondern auch andere saure Lebensmittel könnten ein ähnliches Ergebnis vorweisen. Wie zum Beispiel Zitronensaft.

Das erklärt entsprechend den derzeit viel diskutierten Test mit der Cola. Durch die Verwendung von Cola denaturieren alle Proteine im Test, liegen also zumindest nicht mehr in der natürlichen Form vor.

Wir können uns das mit alltäglichen Bildern durchaus verdeutlichen: Bei einem aufgeschlagenen Ei in Essig gerinnt auch sofort das Eiklar. Ebenso gerinnt Milch in Kontakt mit Zitronensaft oder Cola.

Zurück zum Test: Die (wie beschrieben) denaturierten Proteine können sich an der Nitrozellulose des Antigen-Tests nicht binden. Aber sie binden sich an den denaturierten (und immobilisierten) Antikörpern der Testlinie und auch der Kontroll-Linie. Diese Bindungen führen entsprechend zu dem „positiven“ Ergebnis, auch wenn kein Coronavirus enthalten ist.

Ist der Test dadurch generell unwirksam?

Der Test mit der Cola wurde entsprechend unter falschen Umständen ausgeführt. Cola und andere saure Flüssigkeiten beeinflussen grundsätzlich den Test und führen somit zu falschen, bzw. nichtsaussagenden Ergebnissen. Der Test mit der Cola liefert also kein positives Ergebnis. Es ist lediglich ein Ergebnis dessen, dass der Test durch die Cola zerstört wurde. Der Test ist eben kein Lebensmitteltest.

Ferner wird der Test auch nicht davon beeinflusst, ob die getestete Person vorher Cola getrunken hat. Der ph-Wert des Menschen ändert sich dadurch nicht grundlegend. Ein gesunder Mensch wird auch nicht so einen niedrigen ph-Wert aufweisen, so dass der Antigen Test zerstört wird.

Der Test und auch die Ergebnisse haben also lediglich eine Aussagekraft, wenn er wie in der Anleitung beschrieben durchgeführt wird. Es geht also darum, den Test auch dort anzuwenden, wofür er geschaffen wurde.

Informationen über Peter Lieberzeit:

Peter Lieberzeit, Univ.-Prof. derzeit Vorstand des Instituts für Physikalische Chemie, an der Fakultät für Chemie der Universität Wien. Er leitet die Gruppe für Chemische Sensorik und Schnellanalytik und habe auf dem Gebiet der chemischen Sensorik von chemischen und biologischen Zielspezies etwa 140 Publikationen (peer-reviewed). Mitherausgeber eines der renommiertesten Journale für Chemische Sensoren (nämlich Sensors and Actuators B: Chemical) und Vorsitzender des „International Steering Committee“ der IMCS-Konferenzserie (International Meeting on Chemical Sensors), die seit den 1980er-Jahren regelmäßig stattfindet.
Extensive Erfahrung mit Europäischen und Nationalen Projekten im Bereich Sensorik.

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