Faktencheck: CO2 per Pipeline in Gewächshäuser

Autor: Ralf Nowotny

Gewächshäuser werden mit CO2 versorgt

Auf einem Sharepic wird ausgesagt, dass Gewächshäuser in den Niederlanden mittels Pipelines mit CO2 versorgt werden, was anscheinend auf Unverständnis stößt.

Die Empörung ist aus dem Bild herauszulesen: Warum werden dort Gewächshäuser mit CO2 versorgt, während Deutschland sogar eine CO2-Steuer droht?

CO2 per Pipeline
Screenshot: mimikama.org

Auf dem Bild steht:

„In Holland werden die Gewächshäuser, von Firma Linde, direkt per Pipeline von den Bohrinseln mit CO2 beliefert, Tonnenweise!
…und Du bezahlst demnächst eine CO2 Steuer..,verstehst Du oder schläfst Du?“

Ist das wahr?

Ja! Auch wenn Details nicht stimmen, denn es sind nicht etwa Bohrinseln, sondern die Shell-Ölraffinerie bei Rotterdam, die durch „The Linde Group“ über eine 85 Kilometer lange Transport-Pipeline und ein rund 300 Kilometer langes Verteilungsnetzwerk rund 400.000 Tonnen CO2 an mehr als 580 Gewächshäuser liefert.

Das ist übrigens keine neue Methode, sondern wird bereits seit 2004 praktiziert und dient sogar dem Klimaschutz! Warum das so ist, erläutern wir weiter unten.

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Wozu brauchen Gewächshäuser überhaupt CO2?

Bei Kohlendioxid handelt es sich um ein Gas. Gewächshäuser sind allerdings gut isoliert und haben ein „Mini-Klima“, um bestimmte Pflanzen unter den Bestmöglichen Bedingungen wachsen zu lassen. Diese gute Isolierung führt allerdings dazu, dass weder etwas aus- noch etwas eindringen kann, auch kein natürliches CO2 aus der Atmosphäre!

Pflanzen nehmen CO2 (Kohlendioxid) auf, wandeln es in O2 (Sauerstoff) um und geben es wieder ab. Nachts hingegen läuft es umgekehrt: O2 wird aufgenommen, ein großer Teil davon wird als CO2 wieder abgegeben. Da Pflanzen allerdings mehr CO2 aufnehmen, als sie nachts wieder abgeben, kann es in einem kleinen, geschlossenen System wie einem Gewächshaus recht schnell problematisch werden, da sich nach einer Weile zu wenig CO2 in der Luft befindet.

Und genau zu diesem Zweck benötigen Gewächshäuser ein Mehr an CO2 durch Generatoren oder, in diesen Fällen, durch eine Pipeline: Damit die Pflanzen wegen CO2-Mangels nicht langsamer wachsen und schlussendlich verkümmern, erhalten die Gewächshäuser eine für Pflanzen optimale CO2-Konzentration zwischen 600 bis 1600 ppm (parts per million, normale Konzentration: 320 bis 360 ppm).

Wie soll das denn gut für den Klimaschutz sein?

Anfang der 2000er sah die Situation noch anders aus: Tausende Gärtnereien drehten auch im Sommer ihre Heizungen voll auf. Was wie eine riesige Energieverschwendung klingt, nutzte den Gärtnereien aber, denn sie leiteten die CO2-Abgase der Heizungen in die Gärtnereien um. Das mag zwar gut für die Pflanzen sein, doch war dies auch eine große Verschwendung fossiler Brennstoffe.

2004 jedoch wurde die Idee zweier niederländischen Ingeneure namens Hans Tiemeijer und Jacob Limbeek mit Hilfe des Linde-Unternehmens „Hoek Loos“ umgesetzt. Bereits in den 1990er Jahren entwickelten sie ein einfaches, aber geniales Konzept:
Während die Gärtnereien in Süd-Holland ihre Gewächshäuser mit CO2 aus den Heizungen versorgen, wird durch die nahegelegenen Raffinerien das CO2 nutzlos in die Luft geblasen. Eine Pipeline, die das CO2 in die Gewächshäuser statt in die Luft pumpt, wäre ideal. Dazu gab es sogar damals bereits eine 85 Kilometer lange, nicht mehr genutzte Öl-Pipeline, die nur noch instand gesetzt werden musste.

Es sollte allerdings noch bis 2003 dauern, bis die Ingeneure die nötigen Partner mit dem technischen Wissen und dem Kapital trafen: die Baufirma VolkerWessels und die niederländische Linde-Tochter Hoek Loos (2006 umbenannt zu Linde Gas Benelux). Die beiden Unternehmen schlossen sich für das Vorhaben zu einem Joint Venture namens OCAP (Organic CO2 for Assimilation by Plants) zusammen, das 2013 komplett von Linde übernommen wurde.

Um nun direkt auf die Frage in Kürze zu antworten:

Im Vergleich zu vorher, als die Gärtnereien ihre Gewächshäuser mit CO2 aus Heizungen füllten, wird durch die Pipeline-Methode die  Verbrennung von 115 Millionen Kubikmetern Erdgas eingespart, 205.000 Tonnen CO2 geraten jährlich weniger in die Atmosphäre!

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Fazit

CO2 ist zwar gut für Pflanzen, in der Atmosphäre jedoch beschleunigt ein Zuviel davon den Klimawandel. Mit der umstrittenen (und noch gar nicht beschlossenen) CO2-Steuer sollen die aus Emissionen resultierenden negativen Auswirkungen durch einen höheren CO2-Preis verringert werden, diese Kosten würden dann aber die Verbraucher letztendlich tragen müssen.

Die Pipeline in den Niederlanden hat aber mit der CO2-Steuer überhaupt gar nichts zu tun. Ganz im Gegenteil werden dadurch die CO2-Emissionen der Shell-Raffinerie bei Rotterdam sogar radikal reduziert: Das CO2, welches eigentlich in der Atmosphäre enden würde, landet nun in Gewächshäusern, ein weiterer kleiner Teil geht an die Lebensmittelindustrie zur Konservierung von Lebensmitteln.

Was also in dem Sharepic als so schlecht hingestellt wird, ist in Wahrheit ein guter Beitrag zum Klimaschutz!

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