Messung des CO2-Gehalts unter der Maske (Faktencheck)

Autor: Claudia Spiess

Messung des CO2-Gehalts unter dem Mundnasenschutz (Faktencheck)
Messung des CO2-Gehalts unter dem Mundnasenschutz (Faktencheck)

In einem Video wird eine Messung durchgeführt, mit der bewiesen werden soll, dass die CO2-Konzentration unter einer Maske viel zu hoch wäre.

Zu einem Video, in dem die CO2-Konzentration unter einer Maske gemessen wurde, erhielten wir zahlreiche Anfragen.
Dieses Video gesellt sich mit seiner Aussage zu den vielen anderen, gleichlautenden Meldungen, die beweisen sollen, dass das Tragen einer Maske gesundheitsschädlich sei.


UPDATE 16.09.2020

Mittlerweile kursiert auch ein zweites Video von einem Ing. Dr. Helmut Traindl aus Österreich, der ebenfalls mittels eines CO2-Messgerätes die Schädlichkeit von Schutzmasken beweisen will.

Unser Faktencheck dazu findet sich weiter unten in diesem Artikel.


 

Menschen zeigen sich verunsichert, da derartige Postings die sozialen Netzwerke beinahe überfluten. Und was man permanent vor Augen geführt bekommt, bekommt man einfach nicht so schnell aus dem Kopf. „Was, wenn denn wirklich…?“ Fragen sich sicherlich viele.

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Die Aussage des Videos

In besagtem Video, das wir hier nur als Beispiel für viele andere Inhalte nehmen, in denen ähnliche Aussagen getroffen werden, sieht man eine blonde Frau, die eine Maske mit der Aufschrift „Reizstoff“ trägt.
Der Kommentator des Videos gibt auch immer wieder Erklärungen zu den aktuellen Messzahlen ab.

Anhand des Messgeräts sieht man, dass der CO2-Wert erst 1.000 ppm (Parts per million) erreicht und immer weiter steigt, bis der Messbereichsendwert von 10.000 ppm erreicht wird.
Die Erklärung hierzu lautet, dass ab 1.000 ppm die Konzentrationsfähigkeit stark sinkt, die Müdigkeit hingegen stark ansteigt.

„Wenn diese Dame jetzt arbeiten würde mit der Maske, würde sie stundenlang mit einer CO2-Konzentration von mehr als 10.000 ppm ihre Arbeit verrichten. Ob das gesund ist, sei dahingestellt“, so die Aussage am Ende des Videos.

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CO2-Messgerät ungeeignet für Messungen unter einer Maske

Ein solches CO2-Messgerät ist für eine Messung von Umgebungswerten bzw. für Raumluft-Messungen ausgelegt und geeicht. Eine Messung unter einer Maske – wie hier in diesem Video – führt zu einer Verfälschung der Ergebnisse, weiß Professor Uwe Pliquett vom Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik, Thüringen. Weiters gibt er an, dass der CO2-Gehalt in der Luft in den meisten Fällen mittels Infrarot-Sensoren gemessen wird. Eben diese Sensoren wären auf einen Luftdruck von 1 Bar, Raumtemperatur und mittlere Feuchte kalibriert.

Unterhalb einer Maske bestimmt die Atmung diese Verhältnisse. Darauf wirkt sich auch die Ausatemluft mit einem so hohen CO2-Spiegel aus, sodass jedes Raumluft-Messgerät an seine Grenzen gelangt oder Alarm schlägt. Auch der höhere Druck lässt die gemessenen Werte um 10 bis 20 Prozent ansteigen.

Dazu kommt noch, dass die Luft unter der Maske nicht der entspricht, die man tatsächlich einatmet. Man atmet mehr Luft ein als die, die sich nur direkt unter der Maske befindet.

Unbegründete Sorge

Die Deutsche Atemwegsliga gibt an, dass ein CO2-Anstieg bei den Masken, die sehr häufig verwendet werden – chirurgischer Mundschutz sowie selbst genähte Masken – sehr unwahrscheinlich sei, da diese nicht vollständig dicht sind. Experten halten darum die Befürchtung von zu viel CO2 unterhalb einer Maske für grundsätzlich unbegründet.

Als Ausnahme gelten Menschen mit chronischer Atemschwäche. Hier könnte es dazu kommen, dass mehr Atemleistung gefragt ist und der CO2-Anteil ansteigt. Von diesen Personen kann das Tragen von Mundnasenschutz unangenehm empfunden oder subjektiv als Atemnot gedeutet werden.

Auch bei anderen Maskentypen wie FFP2 oder FFP3 sind CO2-Werte in bedrohlich hohen Bereichen unwahrscheinlich. Doch auch hier: Kranke Personen könnten ein Gefühl wie Atemnot verspüren, da bei diesen Masken der Atemwiderstand höher ist.

Allgemein gilt jedoch: Bevor man sich einem gefährlich hohen CO2-Wert aussetzt, würde man die Maske ablegen.

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Zu dem Video von Dr. Helmut Traindl

Hier ein Screenshot aus dem besagten Video:

Das Video von Dr. Helmut Traindl
Das Video von Dr. Helmut Traindl

In dem Video steckt sich eine junge Dame den Schlauch eines CO2-Messgerätes direkt unter die Schutzmaske, gleich darauf schnellt der Wert auf bis zu 5 Prozent hoch – ein für Menschen schädlicher Wert.

Diese Art von Messung hat allerdings einige, deutliche Fehler!

Zum Einen misst das Gerät, wenn es sich quasi direkt vor dem Mund befindet, zum großen Teil die ausgeatmete Luft, welche vollkommen normal einen CO2-Prozentgehalt von durchschnittlich 4 Prozent hat.

Zum Anderen misst das Gerät nicht, wie hoch der CO2-Gehalt der Luft ist, die auch wieder eingeatmet wird – eine Schutzmaske ist schließlich kein hermetisch abgeriegeltes Gehäuse.

So erklärt Professor Uwe Pliquett vom Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik der dpa, dass das sogenannte Totvolumen unter der Maske, also die Menge an Luft, die nicht ausgetauscht wird, wesentlich sei.

Jenes Totvolumen liegt bei den Schutzmasken bei einigen Millilitern bei etwa einem Liter pro Atemzug, was einen tatsächlichen CO2-Gehalt von 0,1 – 0,2 Prozent ausmacht, was laut dem Bundesumweltamt unterhalb eines kritischen Wertes liegt.

Das Messgerät ist zudem beispielsweise für den Einsatz in Biogasanlagen konzipiert, so die Firma Siegrist. Zur Analyse von Atemluft ist es ungeeignet, da die Werte beim Aus- und Einatmen sich zu schnell ändern. Auch die höhere Luftfeuchtigkeit und der erhöhte Luftdruck beim Atmen verfälschen die Ergebnisse des Gerätes massiv.

Fazit: irreführende Aussagen

Da diese CO2-Messung in den beiden Videos mit Messgeräten, die nicht dafür geeignet waren, durchgeführt wurden, handelt es sich um irreführende und nicht belegte Aussagen.

Quelle: dpa / dpa
Artikelbild: Screenshot Video YouTube

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