Bild mit ungarischem Text – Retten Weißhelme ein Mädchen an drei verschiedenen Orten?

Autor: Andre Wolf

Seit bald zwei Jahren kursiert eine Bildzusammenstellung, die den Anschein erweckt, dass ein kleines Mädchen an verschiedenen Orten von UN-Weißhelmen gerettet wird. Nun tauchte das Bild wieder auf, allerdings mit ungarischem Text.

Screenshot Facebook
Screenshot Facebook

Von einem Facebook-Account aus, der ansonsten nur wenig beachtete Bilder über Reptiloiden-Menschen und jüdische Weltherrschaft postet, verteilt sich derzeit jenes Bild mit folgendem Text:

Amikor rájössz, hogy a CNN
ugyan azt a kislányt használja a menekültválság
bemutatására három különbözö helyszínen,
három különbözö férfival.

Übersetzt:

Wenn du bemerkst, dass CNN das selbe kleine Mädchen an drei verschiedenen Orten mit drei verschiedenen Männern zeigt, um die Flüchtlingskrise darzustellen.

Die Fotos wurden am 27. August 2016 nach einem Fassbombenangriff auf Aleppo aufgenommen.

Nach Presseangaben seien bei diesem Angriff mindestens 16 Menschen umgekommen. Die Fassbomben wurden von einem Hubschrauber aus abgeworfen. [1].

Die Fotos stammen aus einer längeren Bilderserie, die durch den Fotografen Ameer Al Halbi aufgenommen wurde.

Ameer hat diese Bilder für eine Agentur aufgenommen, welche durch diese Agentur vertrieben werden. Ameer lebt  vor Ort und mit den Suchbegriffen “AMEER ALHALBI / AFP / Getty Images” findet man in den Suchmaschinen mehrere seiner Bilder.

Die oben angeführten Bilder sind in verschiedenen Presseartikeln zu sehen, teilweise einzeln, manchmal auch mehrere [2] [3].

Das VIERTE Bild!

Was jedoch in der These um die drei Orte vernachlässigt wurde, ist ein viertes Bild in dieser Serie.

Screenshot Mimikama.at
Screenshot Mimikama.at

Dieses Bild zeigt, dass es eine Verbindung zwischen den dargestellten Personen gibt.

Das Mädchen wird erkennbar von dem Mann mit dem Helm an den Mann mit dem karierten Hemd gereicht [4]. Dieses Foto zeigt recht unmissverständlich, dass es eine direkte Verbindung, sowohl zeitlich als auch räumlich, zwischen den agierenden Personen gibt.

Wer ist der Mann in der gelben Kleidung?

So bleibt an dieser Stelle jedoch zu klären, ob der Mann in der gelben Kleidung ebenso in diesen Ablauf gehört. Hierzu haben wir uns in Kontakt mit dem Fotografen gesetzt.

Ameer Al Halbi

Der 21-jährige Fotograf Ameer Al Halbi lebt in Aleppo und ist dort als Freiberufler tätig [5]. Wir haben direkten Kontakt zu ihm aufgebaut und konnten ihn daher zu den Bildern befragen, bzw. chatten. Der Chat fand ausschließlich auf Arabisch statt.

Natürlich spricht niemand aus dem Mimikama-Team fließend Arabisch. Daher gilt unser Dank Julian Daboul, der sich spontan ein zügig auf unsere Anfrage nach einem Dolmetscher meldete und in einem Drei-Personen-Chat die Inhalte übersetzte.

An dieser Stelle geben wir den Chat in seiner deutschen Übersetzung wieder.

Lieber Ameer, es wird von vielen Menschen behauptet, dass diese Bilder an drei verschiedenen Orten und drei verschiedenen Tagen aufgenommen wurden. Wir haben herausbekommen, dass du der Fotograf bist. Kannst Du uns etwas zu den Hintergründen der Fotos sagen?

Als erstes beschreibe ich die Bilder in der Reihenfolge von links nach rechts. Das erste Bild zeigt ein Mitglied der Zivilverteidigung, sein Name ist Hasan Haj Ibrahim. Man sieht, wie er Kinder aus einem Hochhaus holt, welches aufgrund der Anschläge zerstört wurde. Das zweite Bild zeigt den Sanitäter Mahmoud Homsi, der für das Ambulanzsystem arbeitet und das Mädchen in einen Krankenwagen gebracht hat, man muss sicher gehen, dass sie nicht verletzt ist, bevor man sie zu ihrer Familie zurückbringt. Das dritte Bild zeigt einen jungen Mann, der zu diesem Mädchen gehört und versucht hat, sie von dem Ort wegzubringen.
Hinweis: Der Sanitäter hat das Mädchen zu ihrer Familie zurückgebracht, da sie keine Wunden hatte und er hat sie von dem Hochhaus gerettet.

Ameer, eine persönliche Frage: was denkst Du darüber, dass Menschen diese Bilder nun für Falschmeldungen missbrauchen?

Ich hatte eine Diskussion mit der Agentur, da die meisten der Menschen, die über die Bilder geredet haben, der Ansicht waren, dass sie nicht echt sind. Es handelt sich um Journalisten aus Russland und ihnen ist bewusst, dass russische Flugzeuge Angriffe auf die Staat führen und für viele Massaker suchen sie ein Schlupfloch, mit dem sie die Realität umdrehen können.

Ich habe gestern ebenso mit einem Journalisten aus Italien ein Gespräch geführt und wir sind dazu gekommen, dass es ist schwer ist, dem Täter seine Tat zu vermitteln. Ebenso schwer ist es, russischen Journalisten und und dem russischen Volk zu vermitteln, dass Russland die Angriffe auf Zivilisten und Schulen in Wohngebieten führt.

Ok. Zum Ende noch einmal deutlich: die Bilder stammen von einem Tag und einem Ort.

Definitiv und die Agentur kann das bestätigen. Aber ich kann die Bilder wegen des Vertragsverhältnisses nicht zur Verfügung stellen. Wenn du magst, kann ich Dir jedoch die Agentur E-Mail geben und sie werden bestimmt kein Problem haben, Dir zu helfen!

Vielen Dank!, Die Bilder werde ich für meine Veröffentlichung nicht brauchen. Mir sind die Worte des Fotografen wichtig. Ich danke EUCH BEIDEN!

Sehr gerne Andre, schön dich kennen zu lernen. Vielen Dank auch an Julian, den Übersetzer.

Ein persönliches Wort

Die Arbeiten an diesem Artikel waren schwer und haben Zeit gekostet.

Neben der normalen Bildersuche und auch der Bewertung der Ergebnisse hat es seine Zeit gedauert, bis der Kontakt zu dem Fotografen stand. An dieser Stelle muss auch die Hilfe von Julian Daboul gewürdigt werden, der heute Nacht die Inhalte von Deutsch auf Arabisch übersetzte und im Anschluss die Antworten vom Arabischen ins Deutsche brachte. Julian selbst kam im Oktober 2012 als Flüchtling im Alter von 13 Jahren von Syrien nach Deutschland und ging zum Zeitpunkt, als wir erstmals im Dezember 2016 über die Bilder berichteten, auf eine deutsche Schule.

Ebenso gilt auch der Dank den vielen Personen, die mit ihren Kommentaren in den Nutzeranfragen wichtige Impulse geleistet haben und es damit überhaupt erst ermöglicht haben, diese Ergebnisse veröffentlichen zu können. Vielen Dank an alle Beteiligten an dieser Stelle!

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