Nein, diese Betreuungszahlen für Asylbewerber sind falsch.

Autor: Mimikama

Wieder wird versucht, mit falschen Zahlen Stimmung gegen Asylbewerber zu machen.

Wieder geistert eine Falschmeldung über Asylbewerber herum, die mit falschen Zahlen zum Betreuungsschlüssel im Vergleich zu den Betreuungszahlen in Altenheimen dazu gedacht ist, den Eindruck zu erwecken, Asylbewerber werden bevorzugter behandelt als Bewohner und Bewohnerinnen aus Altenheimen. Diese Zahlen sind jedoch alle falsch!
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 „Aktuell kümmern sich zwei Sozialarbeiterinnen um 5 Flüchtlinge während sich 2 Altenpfleger um 60 Patienten kümmern!“ [sic]



Die Betreuungszahlen für Flüchtende in Deutschland variieren zwischen 2:300 und 2:192

Für Deutschland gibt es bundesweit keine einheitlichen, vorgeschriebenen Schlüssel, wie viele sozialversicherungspflichtig bezahlte SozialarbeiterInnen pro Asylbewerber angestellt werden, jedoch rangieren sie zwischen 1:150 (Bayern) zu 1:120 (Bremen, Brandenburg), 1:100 (Sachsen-Anhalt) und 1:97 (Hamburg) und 1:96 (Mecklenburg-Vorpommern). Die anderen Bundesländer haben keine festen Zahlen oder andere Regelungen.

Die Arbeitsgruppe „Soziale Beratung und Betreuung“ des von der Landesregierung Brandenburg eingesetzten Gremiums zur Überprüfung der geltenden Mindestbedingungen in Brandenburg empfiehlt jedoch einen Personalschlüssel von 1 : 80 für erwachsene Flüchtlinge und einen Schlüssel von 1 : 40 für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge (alleinreisende oder schwangere Frauen, Kinder oder LSBTTIQ-Personen). [1]
Eine Drucksache aus dem Niedersächsischen Landtag auf die Anfrage eines FDP-Politikers gibt darüber hinaus einen durchschnittlichen Schnitt für Niedersachsen von 1:124 an. [2]

Altenpflege in Deutschland

Schauen wir uns jetzt einmal die Zahlen in der Altenpflege an. Es ist schwierig, eine einheitliche Zahl zu nennen, weil der Mitarbeiterschlüssel davon abhängt, wie viele Bewohner in welcher Pflegestufe in der Unterkunft leben. Eine Vollzeitkraft in Berlin betreut also vier Bewohner der Stufe I, für vier Bewohner der Stufe III aber müsste es schon mehr als zwei Vollzeitstellen geben.
Ein Durchschnittsheim mit 100 Plätzen hat zum Beispiel 3 Bewohner in der Pflegestufe 0, dazu kommen 43 Bewohner der Pflegestufe I, 37 Bewohner der Pflegestufe II und 17 Bewohner der personalintensiven Stufe III. Dieses Beispielheim müsste 42 Pflegekräfte beschäftigen. Die werden auf drei Schichten aufgeteilt, tagsüber sollten etwa 15 Kräfte im Dienst sein. (Also 1:6,66) [3] Andere Quellen sagen, in der Praxis hat eine Pflegeperson 12,5 Bewohner im Tagdienst zu versorgen. [4]

Mit falschen Zahlen Stimmung machen

Weder die Zahlen über Asylbewerber, noch über Altenpfleger scheinen zu stimmen. Eine einzige Quelle, die von 2 SozialarbeiterInnen auf 5 Asylbewerber spricht, ist ein Bericht der tz München aus dem letzten Jahr. Es handelt sich hierbei um die Betreuung von minderjährigen, unbegleiteten Flüchtenden in München, also um Kinder, die ihre Eltern verloren haben oder vermissen. Zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise seien aufgrund von Personalmangels etwa 1 Sozialarbeiter auf 5 Kinder gekommen, doch da die Flüchtlingszahlen in der darauffolgenden Zeit rückläufig wurden, stieg auch das Verhältnis wieder, worum der Artikel handelt.
Doch damit nähert sich das Verhältnis erst den Standards der Regierung von Oberbayern, die je nach Alter einen Schlüssel von 1:1,5 bis 1:3 empfiehlt. [5] Es handelt sich hierbei also um die Betreuung von Kindern, die sich ohne Eltern im Land aufhalten müssen. Selbstverständlich brauchen diese intensive Betreuung, die mit der Altenpflege nichts zu tun hat.

Fachkräftemangel in der Pflege real

In der Tat kann es jedoch sein, dass die Betreuungszahlen in der Altenpflege aufgrund von Urlaub, Erkrankung und anderen Gründen in bestimmten Einrichtungen schlechter aussehen als die offiziellen Schlüssel. Dies ist ein bekanntes Problem, da man in der Pflege von einem Fachkräftemangel spricht. Mit Flüchtlingsbetreuern hat das allerdings nichts zu tun. Weder werden mehr Betreuer für Asylbewerber eingesetzt, noch kann ein Sozialarbeiter etwas dafür, dass nicht genug Pflegekräfte angestellt sind. Das Problem des Personalmangels geht schon viel weiter zurück und es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Probleme.
Frederik Hintermayr, Bezirksrat in Augsburg und gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger bestätigt dies: „Es gibt einen gefährlichen Personalmangel im Gesundheitswesen. Statistiken beweisen, dass die Sterberate steigt, wenn am Pflegepersonal gespart wird. Gewinnmaximierung ist den Betreiber*innen wichtiger als das Wohl der Patient*innen. Wer die Situation mit „Kosten für die Betreuung von Geflüchteten“ begründet, betreibt durchschaubare Hetze, sonst nichts.“
Thomas_LThomas Laschyk, Kolumnist Volksverpetzer Blogger, und Onlineaktivist aus Augsburg. Auf dem Volksverpetzer beschäftigt sich Laschyk auf kritische und kreative Weise mit Themen aus Bundes- und Weltpolitik, bis zu Wirtschaft, Finanzen und gesellschaftspolitischen Fragestellungen. Unterstützt den Volksverpetzer doch mit einem kleinen monatlichen Beitrag!
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