Arzt verharmlost Coronavirus (Faktencheck)

Autor: Tom Wannenmacher

Arzt verharmlost Coronavirus (Faktencheck)
Arzt verharmlost Coronavirus (Faktencheck)

In einem Interview mit dem emeritierten Mikrobiologieprofessor der Universität Mainz Prof. Dr. Sucharit Bhakdi, welches auf Youtube hochgeladen wurde und bislang über 435.000 Aufrufe generieren konnte, behauptet dieser, dass von dem neuen Coronavirus gar keine Bedrohung ausgehe.

Mimikama macht den Faktencheck: Vorab ist anzumerken, dass das gegebene Interview mit Bhakdi im Gegensatz zum wissenschaftlichen Konsens von zahlreichen Fachleuten, Professoren und Kollegen steht und als größtenteils unseriös, unwissenschaftlich und unrichtig bezeichnet wurde.

Laut Angaben der Johns Hopkins Universität sind am 23.3.2020 in Deutschland fast 25.000 Menschen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert, während sich dieses nach wie vor weiter ausbreitet.

Bhakdi erklärt im Interview, dass bei 99% der Infizierten lediglich leichte oder gar keine Symptome auftreten. Eine Infektion sei zwar gegeben, jedoch führe diese nur bei weniger als 1% zu einem Ausbruch der Krankheit.

Das Robert-Koch-Institut widerspricht!

Dieser Aussage widerspricht das Robert-Koch-Institut (RKI) und setzt unter den Verweis auf bisher durchgeführte Studien, dass zwischen 51% und 81% der Infizierten erkranken, also im Umkehrschluss maximal 49% der Infizierte keine oder kaum spürbare Symptome haben. Laut dem RKI verlaufen bis zu 20% der Erkrankungen schwer bis lebensbedrohlich. Diese Werte stehen im klaren Widerspruch zu Bhakdis Zahlen.

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Laut einer Schätzung der Bundesregierung werden bis zur Herdenimmunität rund 60 bis 70% der deutschen Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert sein. Die Ergreifung der jetzigen Maßnahmen dient also vor allem dazu, die Ausbreitung zu verlangsamen, um die Intensivstationen nicht zu überfordern.
Bhakdi zieht als sein „worst case – Szenario“ eine Infektionszahl von einer Million Deutschen heran und errechnet, dass daraus eine Todesrate von 30 Personen pro Tag resultieren würde. Diese Zahlen sind viel zu niedrig angesetzt und stehen im krassen Widerspruch zu der derzeitigen Situation in Italien und Spanien, wo derzeit pro Tag Hunderte Menschen sterben.

Bhakdi begründet seine Theorie damit, dass in China und Norditalien faktisch dieselbe Luftqualität herrsche und die Umwelteinflüsse sich dort viel signifikanter auf die Fallzahlen bzw. Krankheitsverlauf auswirken als in Deutschland.

Eine reine Zurückführung auf Luftverschmutzung bzw. Umwelteinflüsse ist jedoch faktisch nicht haltbar.

Blickt man auf die Luftqualitätsplattform, die als Atlas für Luftverschmutzung auf unserem Globus dient, so ist bei einem Vergleich der letzten Jahre deutlich feststellbar, dass Städte in Norditalien, wie Bergamo oder Florenz, wesentlich bessere Luftqualität haben als etwa Wuhan, dem Ausgangspunkt der Krise. Die Behauptung des Professors ist somit nicht haltbar. Innerhalb der letzten Jahre sind selbst die schlimmsten Monate bzgl. Luftverschmutzung in Bergamo und Florenz für Wuhan eines der besten. Wuhan hat tatsächlich über die letzten Jahre katastrophale Werte, die beiden genannten Städte in Norditalien sind auf Grundlage des Luftqualitätsatlas auf keinen Fall nur annähernd vergleichbar oder  besitzen durchgehend so schlechte Werte wie die chinesische Metropole.

OECD liefert ebenfalls gegenteilige Daten zu den Aussagen Bhakdis

Die OECD liefert ebenfalls gegenteilige Daten zu den Aussagen Bhakdis, laut diesen starben in Deutschland 2017 pro eine Million Einwohner etwa 450 an den Folgen der Luftverschmutzung, während es in Italien 436 und in Spanien nur 289 waren. Italien hat statistisch gesehen keine überhöhte Zahl an Lungenerkrankungen, die die oben aufgestellte These stützen würde.

Zudem wird von diversen Forschungseinrichtungen die Luftqualität derzeit nicht als relevanter Faktor in die Heilungschancen des Coronavirus miteinbezogen, da die Signifikanz schlichtweg zu niedrig ist, um überhaupt messbar zu sein.

Am Ende des Videos spricht Bhakdi zudem von „kollektivem Selbstmord“ an der älteren Gesellschaftsschicht, da die jetzigen Maßnahmen dazu führen, dass wichtige Operationen verschoben werden und ältere Menschen in Isolation eine höhere Sterberate aufweisen.

Zusammengefasst:

Bhakdi stellt sich mit diesem Interview bewusst gegen den Konsens der Wissenschaft, Universitäten, Staatengemeinschaft und der WHO. Allein die Begründung, dass Umweltfaktoren dazu geführt hätten, dass in Italien derzeit täglich mehr als 500 Tote alleine als direkte Nachwirkung auf den Virus sterben, entspricht keiner wissenschaftlichen Grundlage und selbst seine eigene Argumentation bzgl. Luftqualität hält einer Überprüfung nicht stand. Dementsprechend findet seine Meinung auch in den meisten Medien und staatlichen Stellen wenig Widerhall und beschränkt sich auf Youtube und Verschwörungsgruppen bzw. Plattformen, die dem Interview des emeritierten Professors viel Aufmerksamkeit schenken, um eigene Verschwörungstheorien zu bestätigen.

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Quellen und Verweise:

Autor: Alexander Herberstein

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