Doch, es sind auch 2020/21 Menschen an der Grippe gestorben!

Autor: Ralf Nowotny

Falsch
Falsch

Angeblich sei 2020/21 niemand an der Grippe gestorben, sie sei „durch Corona ersetzt worden“, wird behauptet. Doch dem ist nicht so!

Sehr häufig wird in bestimmten Kreisen behauptet, dass COVID-19 nichts anderes sei, als eine gewöhnliche Grippe (die aber ebenfalls tödlich sein kann). Nun wird diese Behauptung weitergesponnen: Angeblich habe es in der letzten Grippesaison 2020/21 gar keine Grippetoten gegeben, denn alle Grippetoten wären als Coronafälle in die Statistik geflossen.
Tatsächlich starben nur sehr wenige Menschen an einer Grippe, doch es ist nicht so, dass niemand an der Grippe starb.

Dieses Sharepic wird verbreitet:

Das Sharepic über die Grippe-Todesfälle
Das Sharepic über die Grippe-Todesfälle

Auf dem Sharepic sieht man einen Graphen, der die Anzahl der Grippefälle von 2018 bis 2021 zeigt, darunter der Text:

„NULL Grippe-Todesfälle während der Saison 2020-2021 gemeldet. Noch nie in der Geschichte der Medizin ist eine jährliche Krankheit vollständig verschwunden, um durch eine andere mit genau denselben Symptomen ersetzt zu werden.“

Woher stammt die Grafik?

Im Hintergrund der Grafik erkennt man schwach die Buchstaben GISRS, hier noch einmal mit verstärktem Kontrast:

Die Quelle der Grafik
Die Quelle der Grafik

Dabei handelt es sich um das Influenza-Überwachungssystem der Weltgesundheitsorganisation (Global Influenza Surveillance and Response System). Die Beschriftung der Grafik sagt aber aus, dass man dort nicht die Todesfälle durch Grippe sieht!

  • Northern hemishere = Nördliche Halbkugel
  • Number of specimen positive for influenza by subtype = Anzahl der positiven Influenza-Proben nach Subtyp
  • Number of specimens = Anzahl der Exemplare

Die Grafik zeigt also keine Grippe-Todesfälle, sondern die Häufigkeit diverser Virus-Exemplare auf der nördlichen Halbkugel.

Zudem sieht es durch den Maßstab der Grafik so aus, als ob es tatsächlich gar keine Grippefälle gegeben habe. Wirft man jedoch einen Blick auf die gleiche Statistik der WHO, aber mit geringerem Maßstab, ist zu erkennen, dass es zwar nur wenige Grippefälle gab, aber keinesfalls gar keine:

Die Statistik mit einem anderen Maßstab
Die Statistik mit einem anderen Maßstab, Quelle: WHO

Aber warum gibt es nur so wenig Grippe-Fälle?

Aber nicht nur in der nördlichen Hemisphäre, sondern weltweit ging die Anzahl der Grippefälle zurück. So gab es in den USA beispielsweise in der Saison 2020/21 schätzungsweise nur 700 an Grippe Verstorbene, während es die Jahre zuvor 22.000 und 34.000 Tote waren.

Der Grund dafür, so vermuten Epidemiologen, liegt an den öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen, die weltweit durchgeführt wurden, und die nicht nur die Verbreitung von SARS-CoV-2 erschweren, sondern auch die der Influenzaviren. Influenzaviren werden zudem ähnlich übertragen wie das SARS-CoV-2 Virus, sind aber weniger effektiv, alleine schon deshalb, weil sich Grippesymptome schneller zeigen als COVID-19 Symptome.

Ein Beispiel, wie die Maßnahmen auch die Verbreitung von Grippeviren eindämmte:
Influenzaviren werden häufig durch Husten, Niesen und Schmierinfektionen übertragen, doch durch das Tragen der Schutzmasken fasste man sich weitaus seltener ins Gesicht, nachdem man etwas berührt hatte, auch Aerosole konnten sich durch die Schutzmasken schwerer durch Niesen und Husten verbreiten.

Auch für die Saison 2021/22 ist mit sehr wenigen Grippefällen zu rechnen, und zwar aus einem einfachen Grund:
Es gab nur wenig Grippefälle, weswegen nicht mit vielen Mutationen des Influenzavirus zu rechnen ist. Dadurch dürfte auch die Grippeimpfung für die kommende Saison besonders wirksam sein.

COVID-19 und die Grippe haben nicht dieselben Symptome

Auf dem Sharepic wird impliziert, dass die Grippetoten nun als Corona-Tote gezählt werden, da beide Erkrankungen dieselben Symptome haben sollen. Dies stimmt jedoch nicht, wie wir in einem anderen Artikel (siehe HIER) ausführlich darlegten.

Das Online-Portal Vergleich.org hat eine praktische Infografik erstellt, die auf einen Blick zeigt, welche Symptome für welche Erkrankung typisch sind:

MIMIKAMA
Quelle: Vergleich.org

Fazit

Tatsächlich gab es in der Saison 2020/21 nur wenige Grippefälle und nur 18 Grippetote in Deutschland (siehe Influenza-Monatsbericht des RKI für die Kalenderwochen 29-32/2021, PDF-Datei), die Mehrzahl der Todesfälle (14) war 60 Jahre oder älter und alle waren hospitalisiert.

Die Anzahl der Grippeoten kann sich aber auch noch geringfügig steigern, da durch Screenings / vermehrte Testungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie bei akuten respiratorischen Symptomen (v. a. im stationären Setting) auch Infektionen mit dem Influenzavirus – bei grundsätzlich geringer Zirkulation in der Gesamtbevölkerung – identifiziert und gemeldet werden.

Die Behauptung, dass es keine Grippetoten gab, diese stattdessen durch COVID-19 „ersetzt“ wurden, ist somit als falsch einzuordnen.


Weitere Quelle: dpa
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