20.000 Euro Strafe für Clickbait!

Autor: Andre Wolf

Artikelbild von igorstevanovic / Shutterstock.com
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Fernsehzeitschrift darf nicht grundlos das Bild eines Prominenten mit Frage nach Krebserkrankung in Zusammenhang bringen.

Das ist passiert: Die Programmzeitschrift hat ein Bild von Jauch als Clickbait für einen Artikel über die Krebserkrankung von Roger Willemsen genutzt. Im Grunde war es mehr ein Quiz, welches aber in Form eines Clickbaits gestaltet wurde. Das Ganze fand bereits 2015 statt und wir haben berichtet (siehe hier).

Günther Jauch hat entsprechend auf dieses geschmacklose Clickbait reagiert und die Zeitschrift verklagt. Das Urteil ist nun gesprochen und in einer Pressemitteilung des Landgerichts Köln erfährt man, dass die Programmzeitschrift dem bekannten Fernsehmoderator 20.000 Euro bezahlen muss, weil sie unerlaubt sein Bild als „Klickköder“ verwendet hat.

Clickbait – was ist das?

Die Verkürzung von Inhalten aufgrund der Snippetfunktion führt zum massiven Auftreten von Clickbaiting bis hin zur bewussten Verfälschung von Inhalten. Wenn man von Snippets (Schnipsel) auf Social Media Plattformen spricht, dann meint man die (automatisch generierten) Vorschaufunktionen. Geläufig ist an dieser Stelle auch der Begriff Teaser.

Leserinnen und Leser können also mithilfe des Snippets manipuliert werden. Je nach Ausgeprägtheit des Clickbaits kommt man hier schon haarscharf an die Grenze zu Fakenews. Ein Clickbait beinhaltet meist folgende (nicht immer alle) Elemente:

  • Reißerische Überschrift
  • Neugierlücke (engl. Curiosity Gap)
  • Cliffhanger
  • Grafische Elemente (Pfeil/Kreis etc.)
  • Emotionen

Es wird ein Bedürfnis aufgebaut, den verlinkten Inhalt anzusteuern (klicken). So arbeitete nach Aussage des Landgerichts auch die TV Movie:

Die Zeitschrift hatte auf ihrem Facebook-Profil vier Bilder von Prominenten veröffentlicht, verbunden mit dem Text: „Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen“. Durch Anklicken der Meldung wurden die Leser auf die Internetseite der Zeitschrift weitergeleitet, wo wahrheitsgemäß über die Erkrankung eines der abgebildeten Moderatoren berichtet wurde. Informationen über den unstreitig hiervon nicht betroffenen Kläger fanden sich dort nicht. Nach öffentlicher Kritik löschte die Redaktion den Text nach kurzer Zeit.

Das Urteil

Der 15. Zivilsenat bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Köln, wonach dem Kläger ein Anspruch gegen den Zeitschriftenverlag zusteht, und setzte die zu zahlende Summe auf 20.000 Euro fest. Das Bild des Klägers sei unzulässig kommerziell genutzt worden. Mit der Veröffentlichung sei keinerlei Informationswert mit Blick auf den Kläger verbunden gewesen. Die haltlosen Spekulationen über eine mögliche Krebserkrankung bezogen auf den Kläger hätten an der Grenze zu einer bewussten Falschmeldung gelegen. Die redaktionelle Berichterstattung im Zielartikel habe keinen Bezug zum Kläger gehabt. Das Bild des Klägers habe weder den Teaser noch den Zielbericht ergänzt.

Rechtlich hat der Kläger die Forderung nicht – wie häufig in anderen Fällen unzulässiger Verwendung von Bildern – als Geldentschädigungsanspruch und damit als besondere Form des Schmerzensgeldes begründet. Er hat vielmehr einen Anspruch aus dem Gesichtspunkt der sog. „Lizenzanalogie“ geltend gemacht. Danach muss der Verlag den Betrag bezahlen, den er dadurch „gespart““ hat, dass er vom Abgebildeten keine Lizenz für die Abbildung erworben hat. Ein solcher Betrag wird vom Gericht geschätzt und muss auch dann gezahlt werden, wenn der Abgebildete überhaupt nicht bereit gewesen wäre, sein Bild für die fragliche Nutzung lizensieren zu lassen. Der Zahlungsanspruch fingiert nämlich nicht die Zustimmung zur Veröffentlichung, sondern er stellt einen Ausgleich für einen rechtswidrigen Eingriff dar. Bei der Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger einen überragenden Markt- und Werbewert hat und außergewöhnlich beliebt ist und dass es sich bei der in den Raum gestellten Krebserkrankung des Klägers um ein sensibles Thema gehandelt hat.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die rechtliche Behandlung von „Klickködern“ grundsätzliche Bedeutung hat und eine klärende und richtungsweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert. Das Urteil wird demnächst im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de veröffentlicht.

via Pressemitteilung LG Köln

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