Das verlorene Vertrauen wiedergewinnen

Autor: Tom Wannenmacher

Die Ausgangssituation: Vertrauen ist in unserer Gesellschaft ein kostbares Gut. Denn wer, wenn nicht foodwatch, hält mich davon ab die Salmonellenverseuchte Salami zu essen?

Schnell nach aktuellen Mitteilungen auf der Facebook Seite schauen, und nein, keine tödliche Salami, und das Toast, welches ich gleich essen möchte wurde auch nicht gelistet.

Auf Giftköderradar schaue ich dann, ob der Spaziergang mit meinem Hund, so wie ich es geplant habe, umzusetzen ist – Keine Irren, keine Giftköder.

In vermeintlicher Sicherheit beginne ich also meinen Tag. Und denke nach. Über Sicherheit und Kontrolle, über Angst vor dem Terror und real existierende Gefahr. Über das Leben in einer Gesellschaft, die, so lange kriegsfrei und sicher wie noch nie zuvor, mir Angst macht.

Und dann kam Köln

Neujahrsmorgen. „Ausgelassene Stimmung – Feiern weitgehend friedlich“ verkündete die erste Pressemitteilung der Polizei Köln.

Doch Facebook spricht eine andere Sprache. Spricht von vergewaltigten Frauen, die von Flüchtlingen misshandelt wurden.

Die nächsten Tage folgten Bilder, folgten Videos, folgten „Gutmenschen“ gegen „Nazis“. Und ich fühlte mich verloren, in meinem Vertrauen in meine Umwelt. Keine Regierungsinstitution, die sich äußerte.

Keine Nachrichtenportale, die berichteten. Keine Polizeimitteilungen, die aus vagen Umschreibungen heraus mir spezifische Antworten geben konnten.

Weitere Tage später, endlich eine Anmerkung von der öffentlichen Seite, die erklärte, es gäbe keine Hinweise darauf, dass es sich bei den Tätern um Flüchtlinge handele.

In Gedanken schlug ich meinen Kopf gegen die Tischplatte. Wen interessiert es, ob es jetzt Flüchtlinge waren oder nicht, erst einmal wäre es wichtig zu erfahren, was passiert ist, wie viele es waren, eben die Sachlage zu klären.

Stattdessen dasselbe, wie schon in den vorangegangenen Tagen, im echten Leben: Beschimpfungen gegeneinander, vermeintliche Gutmenschen und vermeintliche Nazis – pardon, dass ich an dieser Stelle die jeweilige Fremdbeschreibung nutze – haben nichts Besseres zu tun, als über Herkunft von Tätern zu streiten.

Und plötzlich verstand ich, weshalb Menschen die AfD wählen, und weshalb Menschen in Ausnahmesituationen dazu tendieren, leichtfertig einfach klingenden Erklärungen zu glauben, wenn die Sicherheit fehlt. Wieso nach Köln die Polizei nur noch die Lügenpolizei war.

Was es heißt, Vertrauen in das System und die demokratische Berichterstattung zu verlieren.


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Das Trauma

Zu wenig Personal, zu wenig Ausrüstung, das Geld fehle, und um zuverlässige Medienarbeit habe sich keiner gekümmert.

Soweit die Erklärungen, die mich nicht beruhigen konnten, und ich befürchte, vielen anderen Menschen geht es ähnlich. Weil sie zu oberflächlich sind, um etwas wie in der Silvesternacht Geschehene angemessen aufarbeiten zu können.

Deshalb lohnt es, sich die Details exemplarisch anzusehen. An Mitgefühl und Verständnis zu appellieren, dass wir eigentlich tief im Innern für die Opfer der Silvesternacht hatten, welches aber in dem ganzen Chaos fast untergegangen wäre.

An Mitgefühl und Verständnis, auch für die Polizisten. Ich möchte niemanden überzeugen, oder zu irgendetwas zwingen.

Es ist zu viel falsch gelaufen, und auch wenn Köln längst in Anbetracht der Geschehnisse jüngster Zeit nicht mehr aktuell scheint, ist es in uns.

Die Traumaerfahrung, das Gefühl von Ohnmacht, das Gefühl, verraten worden zu sein. Aber vielleicht gebt ihr dieser etwas anderen Sicht eine Chance.

Überforderung

Der Anschlag auf Paris ist noch allgegenwärtig, Anzeichen für Terror sollen sofort gemeldet werden. Gleichzeitig sollen sich die Polizisten darum bemühen, dass an den verschiedenen Orten in Köln genug Polizisten sind, die für die Sicherheit sorgen.

150 Polizisten versuchen sich gegen 2000 Menschen nordafrikanischer Herkunft zu stellen, und sie scheitern.

Angst vor einer Massenpanik auf der einen Seite und die Pflicht der Polizei, die Bevölkerung zu schützen.

Auf der anderen Seite der Pressekodex, das Verbot, über ethnische Herkunft zu berichten, wenn diese nicht im unmittelbaren Zusammenhang zur Tat steht. Und es sind Menschen die Angst vor einer Massenpanik haben, die Entscheidungen treffen müssen.

Vertrauen

Es ist Verrat und falsche Vorsicht, der Öffentlichkeit vorzuenthalten, was passiert ist.

Und es ist vor allem ein Teufelskreis. Menschen, die sehen, wie Teile der Öffentlichkeit zunehmend fremdenfeindlicher werden, und die Situation nicht eskalieren lassen wollen, müssen in dem Moment so handeln, wenn sie sich überfordert fühlen.

Die Öffentlichkeit hingegen merkt, dass Informationen vorenthalten wurden, und nehmen diese als Bestätigung ihrer häufig überzogenen Befürchtungen.

Das ist nicht als Vorwurf gemeint, sondern reine Psychologie. Das ist normal. Die Teile der Bevölkerung, die auf vermeintlich unabhängige, häufig rechtspopulistische Medien zurückgreifen, werden bestätigt in ihrer Meinung, und sie neigen zur Radikalisierung.

Die Antwort darauf seitens Polizei und Medien wäre folgerichtig, noch vorsichtiger zu sein.

Eine Unterstellung, die sich in Aussagen wie „Lügenpresse“ und „Lügenpolizei“ niederschlägt, aber einer rational ersichtlichen Begründung entzieht.

Es hat sich etwas getan. Ich habe die Berichterstattung zum Amoklauf in München verfolgt, und war beeindruckt.

Aber anstatt jetzt viele weitere Beispiele anzuführen, möchte ich dazu ermutigen, sich ein eigenes Bild zu machen.

Vertrauen funktioniert nur gegenseitig. Und ich kann verzeihen, wenn die Polizei wahrnehmbare Bemühungen zu einer offeneren Medienarbeit anstellt, um etwas wieder gut zu machen.

Ich möchte nicht schuld daran sein, dass der Gesellschaft zu wenig zugetraut wird, das Bild vermittelt geschützt werden zu müssen, unter anderem vor sich selbst. Ich möchte es wert sein, ehrliche Informationen zeitnah zu erhalten, und ich möchte beweisen dürfen, dass ich damit umgehen kann.

Autor: Lena F., mimikama.org

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