Polizei soll Gesetzesbrüche bei Flüchtlingen ignorieren? – Humbug!

Autor: Ralf Nowotny

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Längere Texte zu lesen, die auch noch kompliziert und mit verschachtelten Sätzen versehen sind, bereitet so Manchem anscheinend Probleme.

Mimikama: Information

Deswegen fasst man sich auf hetzerischen Seiten gerne kurz und knallt einen Screenshot drunter, der zwar den oberen Text nicht bestätigt, aber nach juristischen Fachbegriffen wird schon eh keiner googlen.

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„Regierung weist Polizisten an, Gesetzesbrüche bei Flüchtlingen zu ignorieren“

So suggeriert die Überschrift. Der erklärende (?) Artikel dazu auf volksbetrug.net, auf die Intentionen jener Seite müssen wir nicht weiter eingehen, besagt:

„Ein Dokument, das belegt, dass unsere Polizeibeamten inhärent zum Gesetzesbruch genötigt werden.

Um „Irritationen und Handlungsunsicherheiten“ der Beamten zu minimieren, informiert das Büro des Innensenators von Hamburg die Beamten darüber, dass ihr Nichteinschreiten bei offensichtlichem Gesetzesbruch seitens illegal einreisender Personen, mit Billigung der Bundesregierung geschieht.

Es wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche „pauschal erlaubte Einreise“ gegen das Gesetz verstoße, aber diese eben durch die Bundesregierung gedeckt wäre.“

Wichtig an jenem Text, welcher die Überschrift rechtfertigen soll, ist jener Punkt:

„dass ihr Nichteinschreiten bei offensichtlichem Gesetzesbruch seitens
illegal einreisender Personen, mit Billigung der Bundesregierung geschieht“

Ist dem wirklich so?

Dazu schauen wir uns am besten einmal den Screenshot an. Okay, es ist kein Screenshot, sondern ein Monitor wurde fotografiert, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein. Wir sind sogar mal ganz gnädig und nehmen sogar an, dass das Schreiben echt ist. Auch wenn es dort keinen Verweis gibt, keine Quellenangabe. Aber es könnte zumindest echt sein. Und deswegen schauen wir da genauer hin.

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„Die (…) eingereisten Flüchtlinge sind mit Wissen und Billigung der Bundesregierung und der Länder eingereist. Eine solche pauschal erlaubte Einreise ist zwar nicht vorgesehen (…) gleichwohl ist die Billigung durch die Bundesregierung eine Erlaubnis (…) die das Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Einreise ausschließt.“

Stimmt. Wir wissen alle, dass die EU-Grenzen offen waren (derzeit wird an der österreichischen-deutschen und der österreichischen-tschechischen Grenze wieder kontrolliert). Flüchtlinge kamen in Massen nach Deutschland, pauschal wurde eine Einreise gestattet und hinterher einzeln kontrolliert, ob der Flüchtlingsstatus gerechtfertigt ist oder nicht. Es gab also nicht den Straftatbestand der unerlaubten Einreise.

„Darüber hinaus dürften sich Flüchtlinge angesichts der politischen Ansage im unvermeidbaren Verbotsirrtum befinden.“

Die politische Ansage

Jene war, dass jeder Flüchtling einreisen darf, ungeachtet der Kenntnisse über das Land, was z.B. verboten und was erlaubt ist.

Der unvermeidbare Verbotsirrtum

Was ist das eigentlich?
Konkret heißt dies gemäß § 17 des Strafgesetzbuches: „Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.“

Was nun „nicht vermeiden konnte“ genau bedeutet, ist auch unter Juristen umstritten, weswegen der Paragraph auch nur selten zur Anwendung kommt. Allerdings werden Polizisten darauf hingewiesen, dass dieser Paragraph angesichts der Umstände zum Tragen kommen könnte.

Etwas genauer bitte!

Die meisten Flüchtlinge, hauptsächlich Syrer, kennen sich mit den hiesigen Gesetzen nicht aus.
Ein Beispiel:
Bei einer syrischen Hochzeit ist es üblich, ein Schaf zu schlachten, was dann manchmal sogar tatsächlich durchgeführt wird, jedoch darf nach deutschem Gesetz weder in der Wohnung noch auf dem Balkon oder auf der Straße ein Tier geschlachtet werden.
Noch ein Beispiel:
Ein Flüchtling sieht ein homosexuelles Pärchen und beschimpft es wild, wird vielleicht sogar handgreiflich. In Syrien ist Homosexualität verboten, in Deutschland jedoch ist dies Teil der persönlichen Freiheit.

Wenn in solchen Fällen die Polizei hinzugerufen wird, so soll von einem Verbotsirrtum ausgegangen werden, der übrigens keine Straffreiheit bedeutet (es darf also nicht jeder Flüchtling ungestraft Homosexuelle verprügeln), aber strafmildernd wirken kann (nicht muss), da auch immer noch der Grundsatz gilt „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“.

Wie schaut es mit anderen Straftaten aus?

Drogenhandel, Diebstahl, Vergewaltigung, Mord… dies sind alles Verbrechen, die auch in Syrien geahndet werden. Ein Verbotsirrtum wird in solchen Fällen eindeutig ausgeschlossen, der Täter, auch wenn er Flüchtling ist, mit voller Härte bestraft.

Advocatus Diaboli – Und was ist mit Ehrenmord?

Jetzt wird es nochmal knifflig. Der sogenannte Ehrenmord ist ja eine Tat, welche in muslimischen Ländern gebilligt wird. Dürfte also ein Flüchtling hier einen Ehrenmord begehen und sich dann auf den Verbotsirrtum berufen?

Glücklicherweise hat der Bundesgerichtshof bereits 1994 dazu ein Urteil gesprochen. Demnach stellte der BGH fest, dass das Menschenleben in der deutschen Rechtsgemeinschaft sehr viel höher eingestuft werde, als der ethische Faktor der Ehre. Somit liegt bei einem Ehrenmord eindeutig ein Straftatbestand vor. Da hilft es übrigens auch nicht, dass jener Mord oftmals von Jugendlichen durchgeführt wird, denn sobald festgestellt wird, dass es sich um einen Ehrenmord handelt, wird die Familie wegen Anstiftung zu einer Straftat zur Rechenschaft gezogen.

Fazit:

Gesetzesbrüche von Flüchtlingen werden nicht ignoriert. Es wird in jenem Schreiben nur zusätzlich auf einen selten angewendeten Paragraphen aufmerksam gemacht, welcher in Einzelfällen (!) Anwendung finden könnte.

Hätten sich die Experten *hüstel* von „volksbetrug.net“ auch nur ein wenig mit dem Screenshot befasst, wüssten sie das eigentlich. Aber man darf davon ausgehen, dass dies gar nicht beabsichtigt war. Hetze kommt einfach viel besser und bringt mehr Klicks. Auch wenn es sich auch diesmal wieder um Humbug handelt.

Autor: Ralf, mimikama.org

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