Mitarbeiterüberwachung: Bundesarbeitsgericht untersagt Spähsoftware

Autor: Tom Wannenmacher

Überwachung mittels Keylogger – Verwertungsverbot!

Der Einsatz eines Software-Keyloggers, mit dem alle Tastatureingaben an einem dienstlichen Computer für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet werden, ist nach § 32 Abs. 1 BDSG* unzulässig, wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 2011 als „Web-Entwickler“ beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern im April 2015 mit, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung ihrer Systeme „mitgeloggt“ werde. Sie installierte auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte.

Nach Auswertung der mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Kläger statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und in der Regel in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben.

Die Beklagte, die nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Kläger habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Die Vorinstanzen haben der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers dürfen im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden.

Die Beklagte hat durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Die Informationsgewinnung war nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässig. Die Beklagte hatte beim Einsatz der Software gegenüber dem Kläger keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung.

Die von ihr „ins Blaue hinein“ veranlasste Maßnahme war daher unverhältnismäßig. Hinsichtlich der vom Kläger eingeräumten Privatnutzung hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, diese rechtfertige die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung nicht.

Bundesarbeitsgericht / Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16 – /  Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm / Urteil vom 17. Juni 2016 – 16 Sa 1711/15 –

*§ 32 Abs. 1 BDSG lautet:

(1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

Quelle: Bundesarbeitsgericht

Unterstützen 🤍

FAKE NEWS BEKÄMPFEN

Unterstützen Sie Mimikama, um gemeinsam gegen Fake News vorzugehen und die Demokratie zu stärken. Helfen Sie mit, Fake News zu stoppen!

Mit Deiner Unterstützung via PayPal, Banküberweisung, Steady oder Patreon ermöglichst Du es uns, Falschmeldungen zu entlarven und klare Fakten zu präsentieren. Jeder Beitrag, groß oder klein, macht einen Unterschied. Vielen Dank für Deine Hilfe! ❤️

Mimikama-Webshop

Unser Ziel bei Mimikama ist einfach: Wir kämpfen mit Humor und Scharfsinn gegen Desinformation und Verschwörungstheorien.

Abonniere unseren WhatsApp-Kanal per Link- oder QR-Scan! Aktiviere die kleine 🔔 und erhalte eine aktuelle News-Übersicht sowie spannende Faktenchecks.

Link: Mimikamas WhatsApp-Kanal

Mimikama WhatsApp-Kanal

Hinweise: 1) Dieser Inhalt gibt den Stand der Dinge wieder, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aktuell
war. Die Wiedergabe einzelner Bilder, Screenshots, Einbettungen oder Videosequenzen dient zur
Auseinandersetzung der Sache mit dem Thema.


2) Einzelne Beiträge (keine Faktenchecks) entstanden durch den Einsatz von maschineller Hilfe und
wurde vor der Publikation gewissenhaft von der Mimikama-Redaktion kontrolliert. (Begründung)


Mit deiner Hilfe unterstützt du eine der wichtigsten unabhängigen Informationsquellen zum Thema Fake News und Verbraucherschutz im deutschsprachigen Raum

INSERT_STEADY_CHECKOUT_HERE

Kämpfe mit uns für ein echtes, faktenbasiertes Internet! Besorgt über Falschmeldungen? Unterstütze Mimikama und hilf uns, Qualität und Vertrauen im digitalen Raum zu fördern. Dein Beitrag, egal in welcher Höhe, hilft uns, weiterhin für eine wahrheitsgetreue Online-Welt zu arbeiten. Unterstütze jetzt und mach einen echten Unterschied! Werde auch Du ein jetzt ein Botschafter von Mimikama

Mehr von Mimikama

Mimikama Workshops & Vorträge: Stark gegen Fake News!

Mit unseren Workshops erleben Sie ein Feuerwerk an Impulsen mit echtem Mehrwert in Medienkompetenz, lernen Fake News und deren Manipulation zu erkennen, schützen sich vor Falschmeldungen und deren Auswirkungen und fördern dabei einen informierten, kritischen und transparenten Umgang mit Informationen.