Klarnamenpflicht bei Facebook – wichtige Funktion oder ein überflüssiges Relikt?

Autor: Andre Wolf

Wir alle finden Sie in unseren Freundeslisten, wir alle kennen die teilweise fantasievollen und kreativen Namen.

Facebook-Profile tragen Namen wie Ma Reen, Na Dine oder Herr Qn. Alle haben jedoch Eines gemeinsam: sie könnten von heute auf morgen von Facebook ausgesperrt werden. Der Grund: Facebooks Klarnamenpflicht.

Denn Facebook schreibt in seinen Nutzungsbedingungen im Punkt 4 “Registrierung und Sicherheit der Konten” vor, wahre Namen und Daten anzugeben.

Registrierung und Sicherheit der Konten
Facebook-Nutzer geben ihre wahren Namen und Daten an und wir benötigen deine Hilfe, damit dies so bleibt. Im Folgenden werden einige Verpflichtungen aufgeführt, die du bezüglich der Registrierung und der Wahrung der Sicherheit deines Kontos uns gegenüber eingehst:

1. Du wirst keine falschen persönlichen Informationen auf Facebook bereitstellen oder ohne Erlaubnis ein Profil für jemand anderen erstellen.

Eine praktikable Vorschrift?

Eine nicht-repräsentative Auswertung eines beliebigen Profils hat ergeben: ca. 25% aller Nutzernamen stellen NICHT den Klarnamen der dahinter stehenden Personen dar, bzw. verletzen Namensvorschriften (z.B. Komposita).
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Wenn man dann noch die Falschangaben zu Wohnort, Arbeitsplatz oder Schule anschaut, liegt die Anzahl der nicht legitimen Profile um einiges höher.

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(Screenshot: Facebook, privates Profil)

Wenn nun also Facebook ernst machen würde, wären nach dieser nicht-repräsentativen Auswertung ca. 33% aller mitteleuropäischen Facebook-Profile von jetzt auf sofort gesperrt.

Kurzes Pro/Contra

Warum wünscht Facebook Klarnamen? Für den Nutzer gib es ganz klar zwei Vorteile: man FINDET Personen, man ERKENNT Personen bei empfangenen Anfragen. Daneben gibt es für Nutzer den angenehmen Effekt, dass Spammer und Scammer aufgrund ihrer Falschnamen schnell gesperrt werden können. Wer einen selbstgestalteten Namen trägt, gerät auch immer wieder in Versuchen, diesen stetig ändern zu wollen. Dass kann zu Identifikationsproblemen führen.
Unangenehmer Effekt für Gruppen- oder Seitenadmins: sollte man aufgrund eines Falschnamens von Facebook ausgesperrt werden, ist unter Umständen der Zugang zur Seite/Gruppe unmöglich. Die verwaist dann.
Letztendlich sind Klarnamen für Facebook natürlich ein wirtschaftlicher Aspekt: Klarnamen sind echte Kunden! Nicknamen tragen wirtschaftlich weniger Wert.

Doch warum entscheiden sich so viele Menschen gegen Klarnamen? Ganz einfach: es ist die hier vorhandene sensiblere Einstellung gegenüber den privaten Daten. Nutzer wollen nicht von unbekannten Dritten klar gefunden werden, es stellt auch eine Art Privatsphäre dar, wenn nicht jeder x-Beliebige einen auf Facebook sehen kann.
Überdies erwarten viele Arbeitgeber Diskretion ihrer Mitarbeiter, was die Angaben oder den Auftritt bei Facebook angehen, so dass speziell Nachnamen nicht oder nur verschlüsselt angegeben werden. Weitere Probleme ergeben sich mit der nicht-Vereinbarkeit mit Deutschem Recht, der Problematik bei Künstlernamen und dem schleuderhaften Verhalten in der Namenssuche.

Problemdarstellung

§ 4 Abs. 6 Teledienstedatenschutzgesetz (Deutschland) schreibt vor

Der Diensteanbieter hat dem Nutzer die Inanspruchnahme von Telediensten und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.

Dieses Gesetz steht jedoch im Wiederspruch zu EU-Gesetzen, und da der anerkannte Sitz von Facebook für Europa in Irland ist, kommt hier nicht Deutsches Recht zum Tragen.

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(Quelle und Screenshot: Zeit Online )

Nach einem Gerichtsurteil vom Februar 2013 wurde die Tätigkeit von Facebook Germany GmbH lediglich als eine Art Marketingtätigkeit deklariert.

Nach glaubhaftem Vortrag der Tochtergesellschaft der Antragstellerin (…) ist die Facebook Germany GmbH lediglich im Bereich der Anzeigenakquise und im Bereich des Marketing tätig.

Das ganze Urteil ist HIER nachzulesen.

Künstlernamen?

Im September 2014 machte der Fall der US-Amerikanischen Drag Queen Sister Roma Schlagzeilen, da der Account unter diesem Namen von Facebook nun nach 6 Jahren gesperrt wurde, weil nicht der bürgerliche Name angegeben war. In diesem Fall handelt es sich um eine bekannte Drag Queen, welche seit 27 Jahren unter diesem Namen lebt und arbeitet.

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(Screenshot: Online Focus )

Auch ZDDK-Nutzer betroffen

Auch ZDDKler haben gemeldet, dass sie nach vielen Jahren auf einmal ausgesperrt wurden, da ihr Nachname nicht der Wahrheit entspräche. Bei einem aktuell vorliegenden Fall hat eine Nutzerin ihren realen Nachnamen bereits vor vielen Jahren aus beruflichen Gründen in einen ähnlich klingenden Namen geändert. Nun steht sie vor folgendem Problem:

Plötzlich war das Profil gesperrt. Erst sollte ich via eines Handy Codes meine ID bestätigen. Ging nicht. Dann habe ich Kontakt zu FB aufgenommen und ich habe nur diese Standard Mails erhalten (…)
Daß ich gemeldet worden bin, ist lediglich eine Vermutung. Mir sagt ja keiner was 🙁  Und diese Computer-Automails sind auch nicht gerade aussagekräftig.
Zu meinem Namen: Ich heiße Hel*  **** und nenne mich überall im Internet Hel* ** ***. Selbst bei Ebay und web.de.
Aber ich habe bei FB meinen Geburtstag angegeben und dieser ist ja auf meinen Ausweisen zu sehen. Deswegen verstehe ich das alles nicht. Und fühle mich vera***t und unverstanden!

Facebook ist bei dieser Nutzerin den Weg gegangen, dass sie eine Ausweiskopie senden sollte.

Mehrere Wege zur Identifikation

Nach Informationen von Facebook, gibt es mehrere Möglichkeiten, Facebook gegenüber die eigene Identität nachzuweisen. Was viele Nutzer nicht wissen: es muss nicht allein der Personalausweis sein! Facebook lässt weitere Möglichkeiten zu:

Wir akzeptieren jeden amtlichen Ausweis, auf dem dein Name und dein Geburtsdatum ersichtlich sind. Einige Beispiele:

  • Geburtsurkunde
  • Führerschein
  • Pass
  • Heiratsurkunde
  • Dokumente zur amtlichen Namensänderung
  • Privat- oder Autoversicherungsausweis
  • Andere amtliche Ausweise als Führerschein (z. B. Behindertenausweis, Personalausweis)
  • Aufenthaltsgenehmigung, Einwanderungspapiere
  • Stammesausweis oder Statusnachweis
  • Wahlberechtigtenausweis

Wenn man keines dieser Dokumente als Kopie vorweisen möchte, gibt es noch die Möglichkeit, eine Kombination aus zwei verschiedenen Dokumenten der folgenden Aufzählung vorzuweisen:

  • Kontoauszug
  • Busfahrkarte
  • Kreditkarte
  • Beschäftigungsnachweis
  • Büchereiausweis
  • Geschäftsbrief
  • Nachweis über Zeitschriftenabonnement
  • Krankenakte
  • Mitgliedsausweis (z. B. Rentnerausweis, Gewerkschaftsausweis, Mitarbeiterausweis, Dienstausweis)
  • Gehaltsabrechnung
  • Bewilligung
  • Schüler- bzw. Studentenausweis
  • Schul- bzw. Universitätszeugnis
  • Sozialversicherungsausweis
  • Gas-, Wasser- oder Stromrechnung
  • Foto im Schuljahresbericht (Scan oder Foto der betreffenden Seite des Jahresberichts)

Hier kann man frei wählen, müssen jedoch zwei verschiedene sein.

Zusätzlich gibt Facebook folgende Möglichkeit:

Falls du keinen Ausweis hast, auf dem dein echter Name und ein Foto oder dein Geburtsdatum enthalten sind, kannst du uns zwei Ausweise aus der oben erläuterten Option 2 vorlegen und dann einen amtlichen Ausweis vorweisen, auf dem ein Geburtsdatum oder ein Foto enthalten ist, das den Angaben in deinem Profil entspricht. Die Angaben zu deinem Namen oder anderen Informationen aus deinem Ausweis werden nicht zu deinem Konto hinzugefügt.

Nachzulesen ist das auf https://www.facebook.com/help/159096464162185?__mref=message_bubble

Klarnamenpflicht ist sinnvoll ! / ?

Man kann nun schnell und einsichtig den Nutzungsbedingungen von Facebook zustimmen. Dies ist im Grunde auch ein akzeptabler Weg, um Problemen aus dem Wege zu gehen.

Aber auch Facebook sollte unserer Meinung nach in sich gehen, und die Klarnamenpflicht überdenken. Nicht allein, dass Länder wie Deutschland, in denen Facebook genutzt wird, andere Ansichten zum Thema Klarnamen haben (auch wenn diese durch die Standortsituation in Irland aufgehoben wird). Man schreibt meist eh nur Profile an, die man kennt, Daher kennt man auch deren Facebooknamen. So wie auch umgekehrt. Scam und Spam kann man auch ohne Klarnamenpflicht eindämmen. Bleibt am Ende lediglich der wirtschaftliche Faktor über ….

Autor: Andre, mimikama.org

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