Falsches “Handelblatt”, verdrehte Meldung: 16€ pro täglichem Essen für Flüchtlinge?

Autor: Andre Wolf

Mit einer gefälschten Statusmeldung wird derzeit eine besonders verdrehte Botschaft verteilt: Flüchtlinge bekämen 16 € pro Tag für Mahlzeiten, ALG II Bezieher dagegen nur 4,72 €. Als Urheber dieser Meldung zeigt sich ein “Handelblatt”

 Dieser Artikel & die Recherche sind eine Coproduktion von PULS (BR) und Mimikama

Folgender Statusbeitrag wird derzeit auf Facebook verteilt (sic):

Zahlt Frau Merkel und ihre CDU sowie DPD,GRÜNE,LINKE AUS DER PARTEIKASSE SOMIT wir alle den sie bekommen pro Wähler Kopfgeld.

Inhaltlich bezieht es sich auf die Aussage, dass Flüchtlinge über 16 € am Tag für Essen erhalten. Diese Statusmeldung arbeitet auf verschiedenen Ebenen, die wir einzeln beleuchten.

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Das inhaltliche Thema

Woher stammen die Zahlen? Worum geht es da? Die Zahlen, welche in der Statusmeldung dargelegt werden, basieren auf realen Zahlen, die jedoch DRINGEND erklärt werden müssen: bei der Zahl von 16 € handelt es sich um eine Summe, die nicht Flüchtlinge bekommen, sondern die ein Caterer pro Kopf/Tag bekommt, wenn die Firma das Essen für Flüchtlinge zubereitet. Damit muss der Caterer alle seine Kosten abdecken: Einkauf, Löhne, weitere Nebenkosten und auch … seinen Gewinn. Die Welt beschreibt hier in dem Artikel “Das große Geschäft mit der Flüchtlings-Verpflegung“ vom 08.09.2015 [1]:

Im teuren München sollen sogar bis zu 16 Euro gezahlt werden, heißt es in Gastronomiekreisen.


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Selbst hier kann man einwenden, dass es keine offizielle Zahl ist, sondern eine Angabe auf Berufung eines Caterers. Dieser Zahl wird nun die statistische Zahl von 4,72 € täglich gegenüber gestellt, welche einem ALG II Empfänger direkt zur Verfügung stehen.

Daher nochmal: die 16 € gehen NICHHT an Flüchtlinge. Der Gegenwert der Mahlzeiten ist somit am Ende nicht 16 €, sondern jener, den der Caterer darbringt. Ebenso schreibt die Welt in ihrem Artikel:

Neben den höheren Logistikkosten der Caterer bleibe ein guter Teil der Pro-Kopf-Summe als Gewinn bei den Unternehmen, sagt ein Caterer, der anonym bleiben will: „Besseres Essen als in Betriebskantinen oder Kitas bekommen Flüchtlinge jedenfalls nicht.“

Das Foto

Wo stammt den dass Foto dieser Statusmeldung her? Wenn man auf Facebook diese Meldung anklickt, landet man auf einer Seite ohne Inhalt. Sie ist schlichtweg weiß. Daran kann man erkennen, dass die Intention hinter dieser Statusmeldung, das reine Verteilen der Meldung selbst ist. Ohne jegliche inhaltliche Untermalung. Ebenso steckt hier kein finanzielles Interesse hinter der Verteilung, sondern ein rein Ideologisches.

Auf der Suche nach dem Foto wird man ebenso fündig: man ist hier weit entfernt von Caterern oder irgendwelchen Ausgabemodellen für Mahlzeiten. Das Foto stammt aus der Märkischen Allgemeinen vom 16.11.2014 mit dem Titel “Essen, das verbindet” [2]:

In Bestensee haben am Samstag Flüchtlinge zu einem gemeinsamen Essen geladen. Die Flüchtlinge aus Kamerun und Eritrea kochten Spezialitäten aus ihren Heimatländern. Die Besucher erschlossen sich neue kulinarische Genüsse.

Zum Schmunzeln: hier bekochen Flüchtlinge ihre Besucher.

Das Handelblatt

An dieser Stelle dürfen wir die Namensanlehnung nicht vergessen: mit der Urheberangabe “Handelblatt” lehnt man sich natürlich ganz stark an das renommierte Handelsblatt. Das ist natürlich auch dem Handelsblatt selbst nicht verborgen geblieben, so schrieben diese bereits am 30.03.2016:

+++ In eigener Sache +++ACHTUNG FAKE!!!Wir sind von mehreren Lesern auf einen Hetz-Artikel aufmerksam gemacht…

Posted by Handelsblatt on Mittwoch, 30. März 2016

Abgesehen von der überspitzt dargestellten Verkürzung des Inhaltes wird anhand dieser Statusmeldung deutlich: hier wird versucht auf Kosten des Verlages zu hetzen.

Der Rechercheweg hierzu wird in einer kommenden Sendung bei PULS (BR) zu sehen sein.

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